Prof. Dr. Johann Ceh

Biberach

BärFrequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)

 

F: Wie kann man coronabedingte Herausforderungen besser meistern?

A:   Tipps für Studierende zum Lernen in Eigenregie

SchutzmaskeDie Ausbreitung des Corona-Virus bringt in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens spürbare Veränderungen mit sich. Zur Eindämmung des neuartigen Erregers und zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger wurden weitreichende Maßnahmen beschlossen, die auch den Hochschulbetrieb und die Forschung betreffen.

Universitäten und Hochschulen setzen auf digitale Lehre: Studium im Homeoffice - Corona zwingt Studierende in Klausur. In der Zeit der Krise muss jeder Einzelne auch lernen, sich selbst auszuhalten. Dank digitaler Medien ist der Wissensstoff in der Regel jederzeit verfügbar, die Dozenten sind Online erreichbar.

Studierenden verlangt das isolierte Arbeiten viel Eigeninitiative ab. Statt Präsenzveranstaltungen mehr zielgerichtetes, konzentriertes Lernen – zu Hause. „In Eigenregie lernen und reflektieren“ heißt die Parole.

Was oft vergessen wird: Menschen können sich neues Wissen und insbesondere fachliche und methodische Kompetenzen immer nur selbst aneignen – eine „Vermittlung“ ist nicht möglich. Dabei ist es für den Lernenden nicht relevant, ob die Aneignung von Wissen, das Erleben neuer Erfahrungen oder die Erprobung von Fertigkeiten in formellen oder informellen Kontexten geschieht.

Wichtig ist, dass durch die Reflexion von Lernanlässen neue Entwicklungsanreize geschaffen werden.

 Inhalt

- Bewusster Medienkonsum mit seriöser Information sorgt für verlässliche Orientierung

- Disziplin lernen – Willenskraft trainieren

- Resilienz ist erlernbar

- Vorhandene Ressourcen optimal nutzen

- Selbstwirksamkeit stärken

- Sich sinnvolle Ziele setzen

- Wirkungsvolle Pläne machen

- Aufschieberitis bekämpfen

- So bleibt man motiviert beim Lernen

- „Geduld bringt Rosen“ - sagt das Sprichwort

- Versuchungen aus dem Weg gehen

- Gute Vorsätze möglichst auf Dauer in die Tat umsetzen

- Entspannung und Achtsamkeit durch richtiges Atmen

- Grübeln verursacht zusätzlichen Stress

- Die perfekte Zeit zum Lernen finden

Aufräumen/Ordnung tut gut

- Bewegung – wichtiger Schutzfaktor für die Gesundheit

- Sich auf Grund-/Lebensvertrauen einlassen

- Fakten zu Coronaviren

Bewusster Medienkonsum mit seriöser Information sorgt für verlässliche Orientierung

Die Verbreitung von Gerüchten und Verschwörungstheorien ist ein reales und ernsthaftes Problem. Insbesondere in Krisenzeiten ist es wichtig, dass sich Menschen verantwortungsbewusst verhalten und gesicherten Informationen vertrauen, damit Maßnahmen - wie derzeit gegen die Ausbreitung des Virus - wirksam werden können.

Zur Corona-Pandemie kursieren aktuell zahleiche irreführende Informationen in Messengerdiensten, sozialen Netzwerken und auf anderen Webseiten. Viele Menschen sind verunsichert. Nicht selten wird – auch in Sachen Corona - der Wissenschaft vorgeworfen, ständig ihre Meinung zu ändern Für einen Wissenschaftler geht es jedoch eigentlich nicht um Meinungen, sondern um Daten. Wissen und Erkenntnis. Letzteres ändert sich bei einem neu aufgetretenen Phänomen wie Covid-19 dauernd schnell, und es ist nicht leicht, die Flut von Fachveröffentlichungen zu verfolgen.

„Wissen hält nicht länger als Fisch.“ Das berühmte Zitat des britischen Mathematikers Whitehead aus den 1930er-Jahren gilt heute wohl mehr denn je. Jede Erkenntnis gilt nur so lange, bis man es wieder besser weiß. Mit neuen wissenschaftlichen Daten und Erkenntnissen ändern sich unter Umständen Einschätzungen und Konsequenzen.

Wer darüber schimpft, hat nichts verstanden. Schlecht ist es allerdings, wenn Meinungen verkündet werden, die keinerlei Datenbasis haben und die nicht als bloße „Meinungen“ allgemein erkennbar sind. In den sozialen Netzwerken und teilweise auch auf Demonstrationen werden inzwischen richtige Aussagen mit „alternativen Fakten“ bunt gemischt.  

Um die aktuelle diesbezügliche Lage und das Coronavirus-Risiko richtig bewerten zu können, kann man sich an einschlägigen Informationen des örtlich zuständigen Gesundheitsamts, des Robert-Koch-Instituts, des Gesundheitsministeriums und der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO)  orientieren.

Vermeiden Sie mediale Dauerberieselung. Ein einfacher und meist guter Check ist, Nachrichten nochmals zu googeln.

Disziplin lernen – Willenskraft trainieren

Laut Duden ist Disziplin „das Beherrschen des eigenen Willens, der eigenen Gefühle und Neigungen, um etwas zu erreichen“, Disziplin ist der Schlüssel zum Erfolg.  Es gibt psychologische Tests, die das aufzeigen. In den Jahren 1968 bis 1974 führte der Psychologe Walter Mischel mit vierjährigen Kindern eine Reihe von Experimenten, die sog. Marshmallow-Tests, durch.

DisziplinDen Kindern wurden Schaumzuckerwaren (Marshmallows) angeboten und sie wurden vor die Wahl gestellt, entweder die Süßigkeit gleich zu essen oder - wenn sie 15 Minuten darauf verzichten - später eine zweite zusätzlich zu bekommen. Die Kinder wurden etwa 14 Jahre später noch einmal eingeladen und befragt und es gab erstaunliche Erkenntnisse. Diejenigen, die als kleine Kinder geduldig und selbstbeherrscht waren, waren in der Folgezeit zielstrebiger und erfolgreicher, konnten besser mit Rückschlägen umgehen und nahmen seltener Drogen. Die anderen Kinder hingegen, die im Kleinkindalter nicht auf schnelle Befriedigung der Bedürfnisse verzichten konnten, standen den geduldigeren Kindern in allen Bereichen nach, obwohl sie nicht weniger intelligent waren.

Die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub, also dem Verzicht auf schnelle Befriedigung der Bedürfnisse zugunsten eines langfristig höheren „Ertrages“ (Konsumverzicht), ist demnach der Schlüssel zum Erfolg. Diese Fähigkeit ist mehr als pure Willenskraft. Es ist eine Mischung aus Geduld, Selbstkontrolle, Ausdauer und Frustrationstoleranz.

Was ist Ihr Marshmallow? Jeder kann das Experiment auf sich und seinen Alltag übertragen.

Wo können Sie nicht widerstehen? Auf was können Sie nicht verzichten?

-     auf Schokolade, Chips und Co

–     statt Obst und Gemüse - auf gemütlich auf der Couch sitzen

–     statt Sport zu treiben

-     auf Fernseher, Facebook, und Smartphone

–     statt eine Aufgabe zu erledigen

-     ….

Einige Tipps, wie Sie Ihre Selbstdisziplin und Willenskraft trainieren können:

Definieren Sie ein klares Ziel. Wirklich konkret mit einem Datum, bis wann Sie es erreicht haben wollen. Rufen Sie sich das immer ins Gedächtnis, wenn Sie merken, dass die „Aufschieberitis“ Sie überfällt oder etwas anderes sehr verlockend erscheint. Das ist Ihr „Warum“ und wird Ihre Disziplin stärken.

Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Konzentrieren Sie sich auf ein bis zwei Dinge. Vor allem beginnen Sie mit kleinen Vorhaben. Vielleicht sind es neue Angewohnheiten, die Sie sich aneignen wollen.

Bleiben Sie 4 bis 6 Wochen konsequent dabei. Solange braucht es, bis diese sich wirklich im Gehirn verfestigt haben. Danach kostet es keine große Willenskraft mehr, das beizubehalten.

Schreiben Sie Ihre Vorhaben auf und verpflichten („committen“) Sie sich. Am besten sogar gegenüber Freunden. Das ist ein Ansporn, um durchzuhalten. Wer will schon gern als „Versager“ dastehen. Selbstdisziplin hat jedoch nichts damit zu tun, sich unnötig zu quälen.

Der Wille ermüdet wie ein Muskel. Keiner hat unendliche Willenskraft. Dass es sich um eine begrenzte Ressource handelt, belegen zahlreiche Untersuchungen.

Konzentrieren Sie sich auf die Dinge, die Ihnen wirklich wichtig sind, um Ihre Ziele zu erreichen.

„Trainieren Sie Ihre Willenskraft wie einen Muskel.“ Diese Metapher geht auf den in Australien lehrenden Psychologen Roy Baumeister zurück. Betrachten Sie jede fordernde Situation als Training Ihrer Willenskraft. Wobei die Herausforderungen auch ganz klein sein können:

Widerstehen Sie dem Snooze-Button, lehnen Sie Süßigkeiten ab oder machen Sie noch eine Kniebeuge mehr!

Jedes Mal, wenn Sie Disziplin zeigen, stärken Sie Ihren „Willenskraft-Muskel“, also den präfrontalen Kortex, oder in Baumeisters Worten:

„These little things build character, that is, strengthen the willpower muscle für more important challenges.“

Resilienz ist erlernbar

Resilienz

Es gibt Menschen, die wir für ihre mentale Stärke bewundern. Sie bleiben meist besonnen, wenig emotional und strahlen einen wohldosierten, sachlichen Optimismus aus. Forscher haben analysiert, warum einige Menschen gravierende Krisen psychisch robust meistern, während andere komplett aus der Bahn geworfen werden.

Es geht um die unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit, mit Belastungen fertig zu werden, also um die psychische Widerstandskraft oder „Resilienz“, wie es in der Fachsprache gerne heißt. Nicht nur die derzeitige Coronakrise mit ihren allgegenwärtigen Gesundheitsgefahren und der oft ungewohnten Homeoffice-Situation ist ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, gelassen und zuversichtlich zu bleiben. Auch sonst gilt es, belastende Situationen zu bewältigen.  

Wie aber schaffen wir es, mit Krisen konstruktiv umzugehen?

Ein gewisser Anteil unserer persönlichen Stressresistenz ist genetisch bedingt. Wer ein ausgeglichenes Naturell hat, intelligent und offen ist, wer auch in schwierigen Lagen Chancen erkennt, der hat es – wie Studien belegen – in Krisen tendenziell einfacher.

Doch Resilienz, und das ist die gute Nachricht, lässt sich bis zu einem gewissen Grad erlernen. Resilienz lässt sich wie Muskeln trainieren.

Im diesbezüglichen Coaching wird zum Beispiel immer wieder der Rat gegeben: Menschen, die Probleme in Krisen haben, sollten nicht zu sehr mit der Situation hadern. Es geht dabei darum, die „dunkle Gedankenspirale“ bewusst abzuschalten.

Selbst in der Krise kann man lernen, optimistisch zu sein. Manchmal hilft es, die schönen Dinge des Lebens wieder wahrzunehmen – etwa durch ein Freudetagebuch. Darin werden täglich drei Dinge notiert, über die man sich gefreut hat. Das stärkt den inneren Befindlichkeit – und die Resilienz. Menschen in Krisensituationen sollten auch versuchen, aus der Opferrolle herauszukommen.

Hilfreich ist es, sich bewusst auf seine Stärken zu besinnen. Wer sich etwa daran erinnert, wie er Krisen in der Vergangenheit gemeistert hat, kann seine Stärken bei dieser Analyse wiederentdecken. Ganz wichtig ist es, sich viel zu bewegen, ausreichend zu schlafen und Alkohol, wenn überhaupt, nur wohldosiert zu genießen. Belohnungen sind wichtig, zum Beispiel dafür, dass man lang liegengebliebene Arbeiten endlich erledigt hat. Man kann etwa ein gutes Buch lesen oder sich einen Spaziergang gönnen.

Ganz wichtig ist es, sich eine Tagesroutine zu schaffen, Das fängt beim Aufstehen und Anziehen an und geht über in klar definierte Phasen von Arbeit und Freizeit. Das bietet Vertrautheit, Sicherheit, Vorhersehbarkeit, Planbarkeit und erfüllt den Tag mit Sinn. Damit lassen sich Ängste oder Gefühle wie Hilflosigkeit oder Kontrollverlust reduzieren.

Auch stabile soziale Kontakte – Familie, Freunde, Kollegen, Vereine – helfen in schwierigen Zeiten. Wer seine Ängste und Sorgen mit jemandem teilt, wird resilienter.

Vorhandene Ressourcen optimal nutzen

Ressourcen (von französisch: source - Quelle) sind Kraftquellen, aus denen man all das schöpfen kann, was man zur Gestaltung eines zufriedenstellenden Lebens braucht, was man benötigt, um Probleme zu lösen und mit Schwierigkeiten zurecht zu kommen.

Dabei kann es sich um sehr verschiedenartige Bedingungen handeln, denn jeder Mensch ist anders, und jede Situation, jede Herausforderung und Lebensphase braucht zu ihrer Bewältigung andere Ressourcen. Freunde, Partner, Eltern oder wichtige Menschen in der sozialen Umgebung können solche Ressourcen sein. Aber auch persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten, Kompetenzen. Weiterhin das Aussehen oder die Ausstrahlung, die jemand hat.

können Hobbys sein oder wichtige Ziele im Leben, Überzeugungen, für die man eintritt, Ideen oder der Glaube, die Religion. Es können Vereine oder Gruppen sein, denen man angehört, aber auch materielle Dinge wie eine Wohnung, Vermögen oder ein Auto.

Ressourcen können auch Erinnerungen und Erfahrungen aus der Vergangenheit sein oder aber Hoffnungen auf die Zukunft. Strategie ist die Lehre vom wirkungsvollsten Kräfteeinsatz.

Strategische Überlegungen beginnen daher mit einer Übersicht über eben diese Kräfte. Welche Mittel und Fähigkeiten stehen zur Verfügung? Welche sind bisher ungenutzt? Worauf kann ich mich verlassen und worauf nicht? Welche Reserven habe ich? Bitte, überlegen Sie, wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken, was da für Sie persönlich eine Ressource war, die Sie nutzen konnten und in der aktuellen Krise einsetzen können.

Strategische Überlegungen bringen selbstverständlich nur etwas, wenn man sie wirkungsvoll und zeitnah umsetzt.

Selbstwirksamkeit stärken

Selbstwirksamkeit (self efficacy beliefs) ist die Erwartung einer Person – aufgrund eigener Kompetenzen – gewünschte Handlungen erfolgreich selbst ausführen zu können.

Menschen mit wenig Sebstwirksamkeit trauen sich selbst wenig zu und sind überzeugt, dass ihr Leben eher vom Schicksal geprägt ist als vom eigenen Handeln. Sie haben das Gefühl, keine Kontrolle zu haben und durch äußere Umstände bestimmt zu sein. Selbstwirksamkeit ist eng mit Selbstbewusstsein verknüpft. So können Sie Ihre Selbstwirksamkeit stärken:

-       Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Dinge, die Sie gemeistert haben.

-       Nehmen Sie sich Menschen zum Vorbild, denen Aufgaben gut gelingen.

-       Greifen Sie auf Personen, die an Sie glauben und Ihnen etwas zutrauen als soziale   Unterstützung zurück.

-       Achten Sie auf aufrechte Körperhaltung und ruhige Atmung – auf eine starke Körpersprache.
Körpersignale legen gnadenlos unsere Gefühlswelt offen.

Sich sinnvolle Ziele setzen

Nehmen Sie ein großes Blatt Papier, und schreiben Sie alle Ziele auf, die Sie im Moment umtreiben, große wie kleine. Ziel

Prüfen Sie danach: Welche sind nur auswendig gelernt, welche von echter Sehnsucht getrieben? Welche sind Ihnen wichtig, welche wären einfach nur nett? Suchen Sie sich ein einziges Ziel heraus, und formulieren Sie es konkret, positiv und messbar. Beispiel: Statt: „Ich möchte in Zukunft genug Flüssigkeit zu mir nehmen“, besser: „Ich werde jeden Tag nach dem Aufstehen ein Glas Wasser trinken.“

Wirkungsvolle Pläne machen

Um zu erforschen, wie Ziele effizient umgesetzt werden können, untersuchte die Psychologin Gabriele Oettingen in mehreren Studien seit der letzten Jahrtausendwende die Technik des Mentalen Kontrastierens – eine Kombination aus positiven Tagträumen und dem Visualisieren von Hindernissen (in dieser Reihenfolge!).

Ihr Ergebnis: Wer nur davon träumt, wie es wäre, wenn das Ziel erreicht wird, wird entspannter. Wer beides visualisiert – Wunsch und Hindernis -, fühlt sich energiegeladener. Etwa zur selben Zeit forschte Oettingens Ehemann, der Sozialpsychologe Peter Gollwitzer, an sog. „Durchführungsintentionen“ (implementation intentions). Die Idee:

Ein Plan ist umso effektiver, je konkreter er ist. Gollwitzer nannte seine Methode „Wenn-dann-Pläne“: Wenn die Situation x auftaucht, dann werde ich mit Verhalten y reagieren. Eine Analyse von fast 100 Studien zeigte, dass solche Pläne eine mittlere bis starke Wirkung auf das tatsächliche Verhalten haben.

Das Ehepaar kombinierte seine Forschungen und erschuf gemeinsam die heute wissenschaftlich gut untersuchte WOOP-Methode. Das Akronym steht für Wish, Outcome, Obstacle, Plan – Wunsch, Ergebnis, Hindernis, Plan. Man könnte die Methode als konstruktiven Optimismus bezeichnen, der abstrakte Ziele mit konkreten Schritten in der Gegenwart verknüpft.

Wenn-Dann-Pläne sind besonders effektiv, weil sie so konkret sind. Beispiel: Wenn-Dann-Pläne für Ihr Ziel, künftig mehr Sport zu treiben: „Wenn ich keine Lust auf Sport habe, dann erinnere ich mich, dass es das letzte Mal auch Spaß gemacht hat.“

„Wenn ich aufstehe, dann lege ich mir schon die Sportsachen für abends zurecht.“

„Wenn ich einen Fahrstuhl oder eine Rolltreppe sehe, dann nehme ich stattdessen die Treppe.“

Übung: Überlegen Sie sich ein Vorhaben, das Sie in absehbarer Zeit umsetzen möchten und malen Sie es sich – mit allen Sinnen - so lebendig wie möglich aus. Dann fragen Sie sich ehrlich, welche Gedanken, Gewohnheiten und Überzeugungen Sie davon abhalten könnten, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Stellen Sie sich die Hindernisse intensiv vor.

Finden Sie für Ihren Wenn-Dann-Plan einen Gedanken oder ein Verhalten, mit dem Sie das Hindernis aus dem Weg räumen könnten:

„Wenn das Hindernis x auftaucht (wann und wo), dann mache/tue ich y.“

Aufschieberitis bekämpfen

Lange Bank

Das Aufschieben und Vermeiden von Aufgaben ist auch eine Disziplin-Frage. Diese „Aufschieberitis“ wird wissenschaftlich als Prokrastination bezeichnet.

Aufgaben, vor allem unangenehme, werden immer wieder verschoben, bis es gar nicht mehr geht. Man lenkt sich mit Kleinigkeiten ab und verfällt manchmal sogar in Aktionismus. Dabei will man sich nur vor der einen unangenehmen Aufgabe drücken. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben. Im Hinterkopf schwirrt dieses Thema immer herum und Sie sind nicht frei, sich auf andere Sachen zu konzentrieren. Sie machen sich unterschwellig ständig Vorwürfe, dass Sie so willensschwach und undiszipliniert sind. Das kann an Ihrem Selbstvertrauen nagen.

Deshalb: Erledigen Sie Unangenehmes, Aufwendiges oder Anstrengendes sofort, dann ist es vom Tisch. Siehe auch: Hier

So bleibt man motiviert beim Lernen

 Hinter jedem Tun steckt ein Motiv. Der Begriff „Motiv“ stammt aus dem Lateinischen – von „movere“ für „bewegen“. Ein Motiv setzt uns in Bewegung und stachelt zum Handeln an. Motivation ist die Gesamtheit der Motive, die einer Handlung zugrunde liegen. Und die treibende Kraft, die Menschen zu zielgerichtetem Verhalten veranlasst.

Motivation ist ein lebenswichtiger Antrieb. Die Lust auf und das Streben nach etwas bestimmen unseren Alltag und das mit gutem Grund. Taktgeber für die Motivation ist das Belohnungssystem im Gehirn, das durch die Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin reguliert, was wir angenehm oder weniger angenehm empfinden. Sind Motive positiv besetzt, springt unser Belohnungssystem schon in der Erwartung ihrer an.

Was die menschlichen Motive kennzeichnet, haben Psychologen in verschiedenen Motivationstheorien beschrieben.

Grundlage der meisten dieser Theorien ist die Annahme, dass Motivation im Streben nach erwünschten und im Vermeiden von nicht wünschenswerten Zuständen besteht. Der entscheidende Punkt für den Lernerfolg ist die Motivation bzw. die Selbstmotivation zum Lernen.

Prinzipiell unterscheidet man hier zwischen der intrinsischen und der extrinsischen Motivation. Die extrinsische Motivation ergibt sich durch äußere – externe – Faktoren, also zum Beispiel der Angst vor einer schlechten Note oder dem Wunsch, seine Abschlussprüfung zu bestehen.

Die intrinsische Motivation entsteht dagegen durch das eigene Verständnis der vorliegenden Tätigkeit: man erkennt zum Beispiel den Sinn der Aufgabe, möchte etwas bewegen oder interessiert sich für ein bestimmtes Thema – kurz, man hat Spaß daran und macht die Arbeit gerne.

Schon hier wird deutlich: zweiteres klingt deutlich angenehmer. Unser Ziel ist es also, uns selbst zum Lernen zu motivieren und die intrinsische Motivation anzukurbeln. Der Aufforderungscharakter ist das wichtigste intrinsische Motiv. Der Lernende fühlt sich aufgefordert, sich mit dem Inhalt zu beschäftigen, auch wenn er keinen unmittelbaren Nutzen davon hat. Weitere intrinsische Motive sind: der Drang etwas zu vollenden, Neugier und das Verlangen, sich neues Wissen anzueignen (Wissenshunger/-durst).

Wenn man sich einmal zum Anfangen aufgerafft hat, ist der schwerste Teil oft schon geschafft. Daher brauchen wir einen Trick, um uns diesen Schritt etwas einfacher zu machen. Und der lautet: anfangen, ohne anzufangen. Statt mit dem eigentlichen Lernen zu beginnen, bereiten wir erstmal ein paar Dinge vor:

Die Arbeitsfläche frei machen, das notwendige Lernmaterial zusammensuchen, einen Zeitplan inkl. Themengebieten erstellen.

Wenn Sie dann am nächsten Tag mit dem eigentlichen Lernen beginnen, steht kein diffuser, unstrukturierter Berg von Arbeit vor Ihnen, sondern Sie sind durch das Aufstellen des Zeitplans bereits mit dem ungefähren Umfang und den Inhalten vertraut und haben ein erstes, konkretes Ziel. Einfach mal anfangen - das kann gelingen, wenn man sich einen minutengenauen Beginn der Lerneinheit vornimmt.

Anstatt sich selbst zu sagen: „Das mache ich am Nachmittag“, legt man fest: „Um 14.15 Uhr fange ich an“.  Hilfreich kann es auch sein, sog. „Vermeidungsziele“ zu streichen. „Ab 14.15 Uhr sitze ich am Schreibtisch“ ist besser als: „Heute darf ich nicht wieder so spät anfangen wie gestern“.

Wenn jemand mit digitalen Lernformen nicht gut klarkommt, sollte er prüfen: Gibt es eine geeignetere andere Vermittlungsform für mich? Vielleicht klappt es besser, das Lehrbuch zu lesen, als sich durch die Vorlesungsaufzeichnung zu quälen.

Bei den meisten Menschen wird die Motivation zu lernen durch Belohnungen vergrößert. Ist dies bei Ihnen auch der Fall, belohnen Sie sich selbst nach Erreichen von Zwischenzielen. Ihre Motivation für das Lernen könnte auch durch das Schaffen von Deadlines gesteigert werden.

Setzen Sie sich unter künstlichen Zeitstress. Wird der Termindruck größer, arbeiten viele Menschen effektiver. Das können Sie nutzen, indem Sie in Ihren Kalender Deadlines für die zu erreichenden Zwischenziele eintragen. Gefühle haben einen enormen Einfluss auf jeden Lernvorgang. Negative Gefühle wie Angst, Unlust oder Sorge beeinträchtigen das Einprägen des Lernstoffs. Besonders gut aufgenommen wird der Stoff, wenn er mit positiven Gefühlen verbunden wird. Die Gefühle entstehen in einem Teil des Gehirns, der limbisches System genannt wird, und die Aufgabe hat, eintreffende Informationen zu bewerten, ihre Relevanz zu prüfen und somit eine adäquate Reaktion des Menschen auf den entsprechenden Reiz sicherzustellen. Mit dieser Bewertung ist eine emotionale Einfärbung der Informationen verbunden.

Eine positive emotionale Besetzung des Lernstoffs ist für das Behalten wichtig.

„Geduld bringt Rosen“ – sagt das Sprichwort

Rosen

Ungeduld tritt meist dann auf, wenn Erwartung und Wirklichkeit voneinander abweichen. Wenn die Videokonferenz nicht funktioniert. Das Netz zu langsam ist. Im Stau.

Früher hat man auf den Briefträger gewartet, der einmal am Tag die Post und die Zeitung brachte, heute wird der Online-Liveblog minütlich aktualisiert.

Ein vererbter Hang zur Ungeduld kann nicht belegt werden. Kinder schauen sich Ungeduld von ihren Erziehungspersonen ab. Dass man ungeduldig wird, hängt mit den Hirnarealen zusammen, die bei Entscheidungen aktiv werden. Ungeduldigen Menschen fällt es schwerer, ihre Emotionen zu regulieren, sie sind leichter reizbar und geben Impulsen schneller nach. Sie beschweren sich öfter, und wenn, dann laut. Wer ungeduldig ist, kann nur mit großer Mühe auf Belohnungen warten.

Aber: Ungeduld kann auch Vorteile haben. Denn, sich zu gedulden bedeutet in vielen Fällen eher, etwas zu erdulden: einen faden Job, eine festgefahrene Beziehung, politische Passivität. Einschlägige Studien zeigen: Ungeduldige greifen öfter zur Zigarette und trinken mehr. Gleichzeitig erschwert ihr Nikotin- und Alkoholkonsum die Selbstkontrolle. So kann ein Teufelskreis entstehen: mit jeder Zigarette werden die Betroffenen ungeduldiger und haben dadurch das Bedürfnis mehr zu rauchen.

Auch Fast Food kann Ungeduld befördern. Forscher der Universität Toronto haben bewiesen, dass bereits der Gedanke an Pommes oder Burger ungeduldig macht. Jedoch: Man kann sich in Geduld üben. Walter Mischel, der Initiator des Marshmallow-Tests, empfiehlt „Wenn-dann-Pläne“. Die könnten helfen, sich die Vorteile künftiger Belohnungen zu verdeutlichen: „Wenn ich Italienisch lerne, dann kann ich mir das Eis im nächsten Urlaub selbst bestellen.“

Vielleicht können auch einige Aphorismen zum Thema Geduld/Ungeduld weiterhelfen:

„Ich glaube, dass die Ungeduld, mit der man seinem Ziel zustrebt, die Klippe ist, an der gerade oft die besten Menschen scheitern.“ (Friedrich Hölderlin)

„Alles fügt sich und erfüllt sich, musst es nur erwarten können.“ (Christian Morgenstern)

„Was langsam wächst, wird doppelt stark.“ (Conrad Ferdinand Meyer)

„Für einen Kürbis lässt sich der Herrgott 30 Tage Zeit, für eine Eiche 30 Jahre.“

„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“

„Der Ungeduldige fährt sein Heu nass ein.“ – und riskiert dabei Schimmel oder gar Heustockbrand

„Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.“

Versuchungen aus dem Weg gehen

Mehr als 40 Prozent unserer täglichen Handlungen resultieren – nach den Ergebnissen psychologischer Studien -  aus Gewohnheiten. Sie beruhen auf neuronalen Verknüpfungen zwischen einem sogenannten Kontextauslöser und der Reaktion darauf und entwickeln sich, in dem wir eine bestimmte Kombination häufig wiederholen und dafür belohnt werden. Die Kontextauslöser können dabei ganz unterschiedlich sein: ein fester Zeitpunkt, ein Ort, andere Menschen. Auch ein ordentlicher Schreibtisch kann ein Kontextauslöser sein.

Kontrollieren Sie Ihre Kontextauslöser.

Wollen Sie zum Beispiel weniger häufig auf Ihr Smartphone schauen, können Sie Ihr Handy in eine Tasche mit Reißverschluss stecken oder es auf Flugmodus schalten. Bewährt hat sich im Zusammenhang mit Ablenkung auch das Setzen einer 10-Minuten-Frist. Immer wenn Sie ein Bedürfnis nach Ablenkung, einem Snack oder sonstigen schlechten Gewohnheiten haben, sagen Sie sich: „Noch 10 Minuten. Dann ist es okay.“

Um ein Ziel auch langfristig zu erreichen, muss man sich um seine Kontextauslöser kümmern. Wie lange es dauert, um eine Gewohnheit zu ändern, ist von Mensch zu Mensch und von Gewohnheit zu Gewohnheit unterschiedlich. Nach den Ergebnissen amerikanischer Studien muss man dabei von mindestens 3 bis 4 Wochen ausgehen.

Gute Vorsätze möglichst auf Dauer in die Tat umsetzen

 ZieleSiehe:  Hier

Entspannung und Achtsamkeit durch richtiges Atmen

Wir atmen meist völlig unbewusst, ungefähr 22.000-mal proTag.  Der Impuls dazu wird durch einen Reflex ausgelöst. Wer angespannt ist, tut sich mit dem Atmen schwerer. Man atmet flach, das Zwerchfell kann sich nicht ausdehnen, die eingeatmete Luft bleibt im oberen Lungenbereich und der Körper wird mit viel zu wenig Sauerstoff versorgt. Fatale Folge: Wir fühlen uns müde, schlapp und können uns nur schlecht konzentrieren. Wer richtig atmet, kann mehr psychische Stabilität erlangen und den Herausforderungen des Lebens gelassener begegnen.

Übung: Setzen oder stellen Sie sich aufrecht und bequem hin, Atmen Sie durch die Nase, den Rachen, die Luftröhre bis in die Lunge hinein. Nehmen Sie beim Ausatmen den beschriebenen Weg zurück. Machen Sie drei intensive Atemzüge hintereinander und das nicht nur, wenn es eng wird, sondern auch schon zum Vorbeugen.

Wer regelmäßig seine Atemübungen voller Achtsamkeit macht

-       kann eher Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden

-       entwickelt mehr Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse

-       kann sich besser konzentrieren

-       kommt schneller in den Entspannungsmodus

-       nimmt nicht immer alles persönlich

-       wird generell flexibler

Hilfreich ist auch eine Achtsamkeitsübung: Wenn Sie sich das nächste Mal nervös oder ängstlich fühlen, nehmen Sie zunächst das Gefühl bewusst und nicht wertend wahr. Ziel ist es, seine Aufmerksamkeit auf seine Gefühle und Gedanken zu richten, auch wenn es unangenehm ist.

Verfahren Sie anschließend wie folgt:

Einatmen und bis vier zählen, dann ausatmen und bis acht zählen. Diese Übung fünfmal wiederholen, bis sich der Puls verlangsamt hat. Im nächsten Schritt geht die Aufmerksamkeit in Richtung Füße und Unterkörper. Man „verankert“ sich im Boden, spürt den Boden unter den Füßen, atmet ein und aus.

Diese Übung kann zum Beispiel bei einer Prüfung oder einem Vortrag hilfreich sein. Siehe auch: Hier

„Entspannung durch richtige Atmung“; „Techniken zur schnellen Entspannung“

Grübeln verursacht zusätzlichen Stress

gruebelnSiehe: Hier: „Ewiges Grübeln“

Die perfekte Zeit zum Lernen finden

Sie haben bestimmt schon einmal von der Unterscheidung zwischen Eulen und Lerchen gehört, oder? Dabei geht es um verschiedene Schlafrhythmen der Menschen.

Eulen schlafen gerne lange, bleiben dafür bis spätabends wach.

Lerchen sind Frühaufsteher, allerdings abends schon früh nicht mehr motiviert.

Dazwischen gibt es noch eine dritte Gruppe, die sich weder der einen noch der anderen Seite zuordnen lässt.

Für die maximale Motivation und Effizienz beim Lernen ist es wichtig, dass Sie Ihren persönlichen Biorhythmus kennen. Wann sind Sie besonders leistungsfähig, wann eher unkonzentriert?

Aufräumen/Ordnung tut gut

Im Leben eines Menschen entsteht immer wieder Unordnung. Im Haus, auf dem Schreibtisch, in Schränken und Taschen. Auch im Körper und in der Seele sammeln sich viele Dinge an, die man in regelmäßigen Abständen „wegräumen“ sollte.

Unordnung entsteht von selbst – schon dokumentiert im Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik – aber Ordnung zu schaffen ist ein sehr aktiver Prozess. Viele Menschen tun sich schwer, wenn sie sich von liebgewordenen Dingen trennen sollen. Sie können sich nicht entscheiden, was sie loslassen müssen, um wieder Ordnung ins Leben zu bringen.

Stellen Sie sich beim Aufräumen immer wieder die Frage: Brauche ich das wirklich oder geht es nicht viel einfacher? Trennen Sie sich von allem, was Sie seit einem Jahr nicht benutzt haben oder immer nur woanders hingeräumt haben.

Gehen Sie Raum für Raum und darin Schrank für Schrank. Schublade für Schublade durch. Ganz wichtig: Tragen Sie alle Dinge nach der Benutzung sofort zurück an ihren Platz.

Halten Sie sich konsequent an das Motto: „Alles an seinen Platz: sofort – immer“.

Beim Aufräumen und Ordnung schaffen macht der Mensch eine interessante Erfahrung über den engen Zusammenhang von Leib und Seele: rein körperliches Loslassen tut merkwürdigerweise auch der Seele gut, oft fühlt man sich danach wie neugeboren. Wenn andererseits ein Mensch mit seinen Lastern und Begierden innerlich „aufgeräumt“ hat, geht es ihm hinterher auch körperlich besser.

Bewegung – wichtiger Schutzfaktor für die Gesundheit

WalkingIm Homeoffice hat man den gleichen Stress, wie wenn man am Arbeitsplatz wäre, hat aber zum Beispiel nicht die Möglichkeiten wegzurennen. Noch dazu fallen all die Dinge weg, die wenigstens für ein bisschen Abwechslung sorgen.

Es gibt keinen Weg zum Kopierer, es gibt keinen Kaffeeautomaten. Der Bewegungsmangel im Homeoffice hemmt die Muskelaktivität, belastet die Bandscheiben und beeinträchtigt den Blutkreislauf und die Sauerstoffversorgung aller Organe. Der Körper kommt nicht mehr dazu, Kalorien zu verbrennen und wird schneller müde. Man kann sich weniger gut konzentrieren.

Dem kann man nur entgegenwirken, indem man sich in der häuslichen Quarantäne wie ein Hamster im Hamsterrad verhält: sich bewegen, bewegen, bewegen. Körperliche Aktivität macht den Kopf frei, man kommt auf andere Gedanken.

„Sitzen ist das neue Rauchen!“ Sitzen ist Horror für den Rücken. Rückenschmerzen gehören - neben Kopfschmerzen -  zu den häufigsten Schmerzproblemen in Deutschland.

Schon kleine Veränderungen wie das Arbeiten im Stehen oder kurze Dehnübungen sind effektiv. Beim Telefonieren kann man stehen oder umherlaufen. Achten Sie auf eine rückenfreundliche Haltung mit gerader Wirbelsäule. Tätigkeiten wie das Zähneputzen lassen sich mit Kniebeugen verbinden. Die Mittagspause kann man zu einem Spaziergang nutzen.

Sich auf Grund-/Lebensvertrauen einlassen

Wir bewegen uns zwischen Geburt und Tod nie auf einem unsinkbaren Boot, sondern auf einem recht labilen Floß. Jede Reise, jede Teilnahme am Straßenverkehr, jeder Gebrauch einer Maschine, jede Autofahrt, jede Beziehung zu einem Menschen setzt uns Risiken aus, die wir nicht beherrschen. Wir müssen uns im Vertrauen darauf einlassen.

In der Sprache der Psychologie heißt das Grund- oder Lebensvertrauen – ohne das wir keinen Tag leben könnten. Diese Urerfahrung eines jeden – von der prinzipiellen Brüchigkeit und Instabilität unseres Lebens - machen wir jetzt auf der kollektiven Ebene. Die tückisch zuschlagende Seuche entzaubert Sicherheitsillusionen und Omnipotenzphantasien und macht uns die Unverfügbarkeit unseres „In-der-Welt-Seins“ neu bewusst.

Das nicht beherrschbare Virus lehrt uns, uns wieder auf unser Maß zu besinnen. Die erzwungene Entschleunigung unseres Alltagslebens ist jedoch auch eine Chance, Ressourcen in uns zu erwecken, die oft genug verdrängt wurden oder verkümmert sind.

Andererseits: Die Erfahrung der Instabilität des eigenen Lebens ist oft zugleich auch Anlass zur Dankbarkeit den Menschen gegenüber, auf deren Einsatz man in der Krise mehr denn je angewiesen ist. Da helfen schon kleine Signale der Achtsamkeit Männern und Frauen gegenüber, die unsere Supermärkte und Apotheken offenhalten, die in Arztpraxen, Teststationen oder Kliniken unermüdlich ihren Dienst tun.

Vielleicht führt die Krise auch zu neuem Nachdenken darüber, was wirklich zum Leben notwendig ist und welche Hoffnungen, Sehnsüchte und Werte uns tragen. Millionen Menschen sind viele Ablenkungen und Konsummöglichkeiten entzogen. Sie können nunmehr nach innen hören, haben Zeit zum Nachdenken, Lesen und für neue Erfahrungen mit sich selbst und ihrer häuslichen Gemeinschaft. Wenn man sie offen und als Experiment annimmt, kann das eine Phase sein, in der jeder Einzelne wahrnimmt, was er wirklich zum Leben braucht.

Einige medizinsch-virologische Fakten zu Coronaviren finden Sie hier.

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