Prof. Dr. Johann Ceh

Biberach

BärFrequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)

F: Gibt es bewährte, leicht zu erlernende Techniken zur schnellen Entspannung?  

A:    Die Progressive Muskelrelaxation

Bei der Progressiven Muskelrelaxation handelt es sich um ein von E. Jacobson 1938 eingeführtes, relativ leicht erlernbares Verfahren der Muskelentspannung; es beruht auf dem Gegensatz von Anspannung und Entspannung.  „Durch intensives Anspannen der Muskeln tritt Ermüdung ein. Neben diesem Ermü­dungseffekt dient das schrittweise Anspannen und nachfolgende Entspannen der Wahrnehmungsschulung für Spannungsunterschiede.

Auf diese Weise entwickeln wir ein Gefühl für Entspannung, werden gleichsam sensibilisiert für körperliche Spannungszustände, und wir werden in die Lage versetzt, Anspannungen frühzeitig wahrzunehmen; wir können Entspannung -ebenso wie ,Verspannungen' - ganz konkret beobachten.

Ziel ist die Entspannung des Körpers. Dazu teilt man – ein lernpsychologisch sinnvolles Vorgehen - den "Lernstoff" in kleine, nach ihrem Schwierigkeitsgrad angeordnete Portionen. Die einzelnen Muskeln und Muskelgruppen werden nacheinander Schritt für Schritt geübt."

Die folgenden Übungen zur Muskelentspannung sollten Sie nicht durchführen, wenn Sie einen sehr niedrigen Blutdruck haben oder unter Herzrhythmusstörungen oder sonstigen gravierenden Herz-Kreislaufbeschwerden leiden. Armmuskeln

Suchen Sie für Ihr Training einen ruhigen, nicht zu hellen Raum auf und sorgen Sie dafür, dass Sie während des Übens nicht gestört werden.

Trainieren Sie zweimal täglich, zunächst im Liegen, später auch im Sitzen, bis Sie das Verfahren in allen Einzelheiten be­herrschen. Schließen Sie einen kleinen Kontrakt mit sich selbst: Schreiben Sie für jeweils eine Woche im Voraus auf, wann, wo und wie Sie üben werden.

Tragen Sie während der Übungen bequeme Kleidung, und legen Sie alles ab, was Sie beengen könnte. Wenn Sie Brillenträger sind, nehmen Sie bitte auch die Brille ab. Die Übungen sollten aus einer möglichst bequemen Grund­haltung heraus begonnen werden; Sie können im Liegen und im Sitzen trainieren. Den meisten Menschen fällt es leichter, sich im Liegen zu entspannen. Um den Einsatz des Trainingsprogramms in Realsituationen zu erleichtern, sollten Sie, nachdem Sie die Technik im Liegen erlernt haben, anschließend abwechselnd im Sitzen und Liegen üben, bis Sie die Methode voll und ganz beherrschen.

Körperhaltung im Liegen

Legen Sie sich flach und entspannt auf den Rücken; benutzen Sie eine Wolldecke als Unterlage. Ihre Beine sind gestreckt, die Fersen sind etwa eine Handbreit voneinander entfernt. Ihre Arme liegen locker neben dem Körper, die Hände sind leicht geöffnet. Verändern Sie Ihre Körperhaltung so lange, bis Sie ganz bequem liegen. Der Körper sollte völlig gleichmäßig - ohne wahrnehmbare Druckunterschiede - aufliegen.

Körperhaltung im Sitzen

Im Folgenden wird eine Körperhaltung beschrieben, die J. H. Schultz den Berliner Droschkenkutschern abgeschaut haben soll („Droschkenkutschersitz"). Setzen Sie sich bequem auf einen Sessel. Lassen Sie - ohne sich anzulehnen - Ihre Wirbelsäule aus der aufrechten Haltung wie ein Fotostativ in sich zusammensinken. Die Arme liegen locker auf den Oberschenkeln. Die Hände baumeln zwischen den in leichter Grätschstellung stehenden Beinen. Ober- und Unterschenkel bilden etwa einen rechten Winkel. Ihre Füße stehen entspannt auf dem Boden. Die Knie sind leicht geöffnet. Ihre Fußspitzen zeigen nach außen. Der Kopf wird im Nacken leicht nach vorn gebeugt. Wenn Sie diese Droschkenkutscherhaltung für sich als nicht optimal erleben, versuchen Sie es einmal damit, Ihren Kopf locker an die Rückenlehne des Sessels anzulehnen. Wählen Sie für sich eine Haltung aus, bei der möglichst wenige Muskeln in Anspannung gehalten werden müssen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie Ihre Muskelanspannung völlig aufgeben könnten, ohne aus dem Sessel zu fallen, sitzen Sie richtig. Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg Ihrer Bemühungen, Entspannung zu lernen, ist Ihre Bereitschaft, regelmäßig, systematisch und intensiv zu üben.

Ablauf der Übungen

Lenken Sie Ihre Gedanken jeweils auf die Muskelpartien, die Sie „innerlich ansprechen". Spannen Sie die betreffenden Muskeln an, halten Sie diese Spannung einige Sekunden, und lassen Sie sie anschließend auf Kommando wieder los. Verfolgen Sie, wie die Spannung aus Ihren Muskeln entweicht, und beobachten Sie den Kontrast zwischen Anspannung und Entspan­nung. Aus der nachfolgenden Auflistung ist die Reihenfolge der anzuspannenden Muskeln und das Vorgehen bei den einzelnen Übungen zu entnehmen.  

 

Muskeln der folgenden Körperteile

werden angespannt, indem Sie 1 5 Sekunden lang

werden anschließend 15 Sekunden ent­spannt

Hände

Fäuste ballen

entspannen

Oberarme

beide Oberarme seitlich gegen den Brustkorb pressen

entspannen

Schultern

beide Schultern so weit wie

 

 

möglich nach oben ziehen

entspannen

Nacken

Ihr Kinn gegen das Brustbein drücken

entspannen

Stirn

die Augenbrauen nach oben ziehen und die Stirn runzeln

entspannen

Augen

die Augenbrauen nach unten ziehen und die Augen fest zu­kneifen

entspannen

Mund

beide Lippen zusammenpressen

entspannen

Bauch

den Bauch einziehen und die

 

 

Bauchdecke hart machen

entspannen

Oberschenkel

die Knie gegeneinanderdrücken

entspannen

Waden

beide Beine ausstrecken und

 

 

die Zehenspitzen zu sich hin­zeigen lassen

entspannen

Aus lernpsychologischen Gründen beginnen Sie am besten mit der Langform des Trainings, bei der jede der genannten Muskelpartien für sich angespannt und wieder entspannt wird. Nicht immer haben Sie die Zeit und die Gelegenheit, die Entspannungsübungen in dieser Form zu praktizieren. Wesentlich schneller geht es, wenn Sie möglichst viele Muskeln Ihres Körpers auf einmal anspannen, die Spannung einige Sekunden halten und dann auf Kommando entspannen.

Rücknahme der Muskelschwere

Wollen Sie sich nach dem Training wieder dem normalen All­tagsleben zuwenden, müssen Sie den Zustand der Entspannung und Schwere - und damit die verminderte Aktivität- zurücknehmen, um wieder auf Ihr normales Erregungsniveau zu kommen.

-   Wenn Sie sich das Kommando: „Arme strecken und beugen!" geben, ballen Sie beide Hände kraftvoll zu Fäusten, strecken die Arme energisch vom Körper weg, beugen anschließend die Ellenbogen und pressen die Unterarme fest gegen die Oberarme.

-   Erteilen Sie sich nun den Befehl: „Tief atmen!" Atmen Sie dreimal tief ein und aus.

-   Öffnen Sie bei der Zurücknahme der Muskelschwere Ihre Augen erst, wenn Sie sich selbst das Kommando: „Augen auf!" gegeben haben. Sollten Sie vor dem Einschlafen trainieren, brauchen Sie die Schwere selbstverständlich nicht zurückzunehmen; Sie können dann die Entspannung in den Schlaf übergehen lassen.

Beachten Sie:

-  Üben Sie nicht unter Zeitdruck.

-  Lange Übungszeiten gleichen verteiltes Üben nicht aus.

 -  Stellen Sie sich innerlich auf Entspannung ein.

-  Entspannung lässt sich nicht erzwingen; falscher Ehrgeiz und krampfhaftes Wollen verhindern die Entspannung.

-  Je kräftiger Sie jeweils anspannen, umso deutlicher werden Sie die Empfindung von Entspannung als Kontrast wahrnehmen; verkrampfen Sie jedoch dabei nicht. Die Anspannung sollte nicht so weit gehen, dass Schmerzempfindungen auftreten.



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