Prof. Dr. Johann Ceh

Biberach

BärFrequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)

F: Kann eine positive Einstellung Stress reduzieren? 

A:    Positives Denken und psychische Hygiene contra Stress

Die Innenwelt-Verschmutzung, Selbstvergiftung von innen durch negative Gedanken und Vorstellungen, ist für den Menschen nicht weniger gefährlich als die Umwelt-Verschmutzung, von der heute alle Welt redet. Sozial bedingter Stress hat seine Ursachen unter anderem in der Lieblosigkeit der Mitmenschen, im gleichgültigen Nebeneinander, in übersteigertem Konkurrenz-und Leistungsdenken, in der Jagd nach Anerkennung und Statussymbolen und im ständigen Vergleichen mit anderen, aus dem eine permanente Unzufriedenheit resultiert.

Wir denken selten darüber nach, was wir haben, immer nur darüber, was uns fehlt. Arthur Schopenhauer Haben-Wollen, Nie-genug-kriegen-Können sind charakteri­stisch für den auf HABEN programmierten Menschen unserer Zeit. Dabei wird vergessen, dass Leben vor allem SEIN ist, dass sich die Tür zum wahren Glück nur nach innen öffnet und dass jeder Mensch mit allen seinen Vorzügen und Fehlern auf wunderbare Weise einmalig ist. Wir leben in einer „habensorientierten" Zeit (Erich Fromm) und sind durch eine sehr kommerziell ausgerichtete Welt zu „Besitzern" geworden; vielfach meinen wir zu sein, was wir haben. Viele Menschen sind gierig, wollen zu viel und können nicht los­lassen.

Buchmann (1990, S. 44) berichtet in diesem Zusammenhang über die malaiische ,,Affenfalle": „Dort fangen die Eingeborenen Affen für die westlichen Zoos dadurch, dass sie unter den Bäumen, in denen sich die neugierigen Tierchen aufhalten, ausgehöhlte Kokosnüsse, mit Reiskörnern gefüllt, auslegen. Die Nüsse haben eine kleine Öffnung, in die die Affen gerade ihre Pfote hineinstecken können. Die Eingeborenen gehen dann (scheinbar) weg. Die Affen - neugierig - untersuchen immer hungrig die Nüsse, stecken ihre Pfoten hinein, umschließen die Reiskörner - und können die Hände in ihrer Gier nicht mehr öffnen. Die Häscher eilen herbei und "sammeln" die nicht mehr kletterfähigen Affen ein ... Fips

Sind wir nicht auch oft in einer sehr ähnlichen Situation?" Vieles was im Leben eines Menschen heute geschieht, ist nur die Verwirklichung früherer Gedanken; ebenso kann man seine Zukunft durch seine gegenwärtigen Gedanken mitbeeinflussen. Sie glauben es nicht? Probieren Sie es doch einfach aus! Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir gedacht haben. Buddha Das aktuelle Handeln wird von den Inhalten des Unterbewusstseins mitbestimmt. Wer die Sprache seines Unterbewusstseins ver­steht, kann es positiv „programmieren" und damit sein zukünf­tiges Leben glücklicher gestalten. Phantasien, Vorstellungen, Emotionen, Intuitionen sind „sprachliche" Äußerungen des Unterbewusstseins. „Positives Denken" ist ein autosuggestives Be­einflussungsverfahren, dem folgende Prinzipien zugrunde liegen:

•  Jede bildhafte Vorstellung, die der Mensch in seinem Innern entwickelt, hat die Tendenz sich zu verwirklichen, wenn nicht andere - gleichzeitig bestehende - Vorstellungen ihr entgegen gerichtet sind (ideomotorisches Prinzip).

•  Das Wollen des Menschen ist seinen Vorstellungen unterge­ordnet; der Wille unterliegt, wenn Wille und Vorstellung ein­ander entgegenstehen (Gesetz des Primats der bildhaften Vor­stellung).

•  Anstrengungen, die unter dem Einsatz starker Willenskraft unternommen werden, bewirken oft das Gegenteil des Erhoff­ten (Prinzip des paradoxen Verhaltens). .. jeder dauernde oder systematisch sich wiederholende Reiz, der über entsprechende Nervenbahnen einen bestimm­ten Punkt der Hirnrinde erreicht, (führt). . . , vorausgesetzt, dass seine Wirkung nicht durch einen anderen dazwischen­kommenden weckenden Reiz gestört wird, früher oder spä­ter zur zwangsartigen Schläfrigkeit" (Meinhold, 1980, S. 51f.; Punktreflexgesetz von I.P. Pawlow).

Positive Vorstellungen als geistige Bilder zeigen dem Menschen, wohin er möchte und fördern damit das Denken und Handeln in Richtung auf dieses Ziel. Wer sich mehrfach im Zustand tiefer Entspannung ein positives Zukunftsbild ausmalt, veran­kert damit diese Vorstellung im Unbewussten, von wo aus sie eine enorme „Sogwirkung" entfalten kann. Sehen und suchen Sie das Positive in der Welt. Konsequentes positives Denken kann tiefsitzende „Negativmechanismen" ausschalten und Ausstrahlung und Leben eines Menschen grundlegend verändern. Positive Gedanken können Sie durch Imagination, das heißt durch die Kraft Ihres Vorstellungsvermögens, im Unterbewusstsein verankern. Entspannen Sie sich dazu möglichst tief und las­sen Sie vor Ihrem geistigen Auge ein Ziel, das Sie anstreben, als möglichst plastisches Bild erscheinen. Erwecken Sie Ihre Wunschvorstellungen zum Leben. Stellen Sie sich zum Beispiel im Zusammenhang mit einem Examen, das Sie vor sich haben, den ganzen Handlungsablauf einschließlich der Freude und des Stolzes vor, die Sie nach bestandener Prüfung empfinden werden. Wenn negative Gedanken in Ihnen auftauchen, sollten Sie so­fort eine positive Gegenvorstellung dazu bilden. Es ist sicher er­freulich, wenn die Sonne scheint. Warum muss man aber den reinigenden, wachstumsfördernden Regen weniger positiv erle­ben? Sie könnten in diesem Zusammenhang daran denken: Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur Leute, die unzweck­mäßig angezogen sind. Die Welt ist so, wie wir sie sehen. Wer durch den Wald geht, kann seine Aufmerksamkeit auf die Schön­heit der Natur richten - oder auf die Abfälle, die Mitmenschen liegen gelassen haben. Erleben Sie die Vitalität und Schönheit des Daseins in der Natur. Wieviel Kraft und Zuversicht kann doch ein Blick auf eine Blume oder einen Baum vermitteln.

Viele Menschen machen Zeit Ihres Lebens ihre Erziehung, die Situation am Arbeitsplatz oder in der Familie, das Wetter oder andere Umstände für ihre Probleme verantwortlich. Vermeiden Sie solche verhängnisvollen Ursachenzuschreibungen. Sie leben Ihr Leben und müssen die Verantwortung dafür selbst übernehmen. Ziehen Sie in einer ruhigen Stunde - besonders gut eignet sich dazu der Urlaub - die Bilanz Ihres bisherigen Lebens. Was war positiv? Was ist aus heutiger Sicht negativ verlaufen? Wie auch immer diese Bilanz ausfällt, zentral wichtig ist es, dass Sie den Ist-Zustand akzeptieren, ohne sich selbst oder anderen Menschen deshalb Vorwürfe zu machen. Den Ist-Zustand anzunehmen heißt, zu akzeptieren: Es ist wie es ist. Mit der Kraft der eigenen Gedanken und bildhaften Vorstellungen sollten Sie anschließend gegebenenfalls versuchen, das Leben in positivere Bahnen zu lenken.

Unser Unbewusstes drückt sich zum Beispiel in unseren Träumen aus. Auch gedankliche Bilder, die sich ohne unser Zutun einstellen und Worte, die wie von selber in unser Bewusstsein treten, können mitgeteilte Erfahrungen aus den Tiefen unserer Person sein. Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Unterbewusstsein versucht, jeden Gedanken umzusetzen, ihn zu „materialisieren". Zweifeln Sie nicht an der Realisierung Ihrer Vorstellungen. Nach psychosomatischer Lehrmeinung können körperliche Krankheiten seelisch verursacht sein und sie können gleichzeitig eine Linderung psychischer Probleme darstellen. Seelisch verursachten oder mitbedingten Krankheiten liegen unbewusste psychische Konflikte zugrunde; die Seele wählt den Weg über den Körper, wenn es ihr an anderen Ausdrucksmöglichkeiten fehlt (vgl. auch Teil l, Kapitel 2, 5.). „Wo viel Licht ist, ist viel Schatten", heißt es im Götz von Berlichingen. Ohne den Begriff „Licht" ist der des „Schattens" ohne Sinn. So hat jedes Ding und jeder Sachverhalt zwei Seiten. Eine davon ist in der Regel positiv; dieser Seite sollten Sie sich vor allem zuwenden.

Leute, die auf Rosen gebettet sind, verraten sich dadurch, dass sie immerzu über die Dornen jammern. (Verfasser unbekannt)

Alles was vergangen ist, können Sie nicht mehr ändern. Warum also darüber aufregen? Leben Sie im Hier und Jetzt. Lenken Sie Ihre volle Aufmerksamkeit auf das, was Sie gerade tun. Hobbys erleichtern - wenn sie nicht zu einer Pflichtübung werden - das „Abschalten". Ihr besonderer Wert liegt in der unbefangenen Freude am spielerischen Tun. Wer richtig spielt, ist ganz im Hier und Jetzt, er schaut nicht auf die Uhr und er vergisst, was gestern war und möglicherweise morgen sein wird. „Keiner ist eine Insel." Damit der Mensch Ich sein kann, ist er auf das Du, auf den Umgang mit anderen, angewiesen. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung" (Martin Buber).

Nur wer zuhören kann, ist in der Lage, seine Mitmenschen wirklich zu verstehen - das hörende Schweigen ist eine Voraussetzung für mitfühlendes Eingehen auf andere. Denken Sie auch daran, dass Ihnen andere Menschen in der Regel immer auf der Ebene antworten, auf der sie von Ihnen angesprochen wurden. Je positiver Sie sich Ihren Mitmenschen nähern, desto positiver wird - langfristig gesehen - das „Echo" sein. Wer die eigenen Vorurteile zum Maß aller Dinge erhebt oder wer sein Unbehagen als Motor seines Verhaltens anderen gegenüber einsetzt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich in diversen Lebenslagen persönliche Probleme wie von selbst einstellen. Wenn Sie sich über jemanden ärgern, treffen Sie damit nicht den, der Ihren Ärger ausgelöst hat, sondern Sie schaden ausschließlich sich selbst.

Kein Mensch kann mich je demütigen oder verletzen. Ich gestatte es ihm nicht. (Bernhard Baruch)

Aus Krisen können Chancen wachsen. Die Chinesen haben für „Chance" und „Gefahr" dasselbe Wort: ,,wei-dschi". Wer ein Risiko eingeht, hat die Chance, etwas besser machen zu können - zugleich aber besteht die Gefahr des Misslingens.

Nicht: „Jedem Risiko ausweichen", sondern: „Bei Abwägung möglicher Konsequenzen ein kalkuliertes Risiko selbstbewusst eingehen und bereit sein, einen missglückten Versuch zu tolerieren", heißt die Devise, deren Befolgung von Selbstvertrauen zeugt, Rückschläge sind da, um überwunden zu werden. Lassen Sie sich von Ihren Mitmenschen keine Schuldgefühle einreden, rechnen Sie mit der Macht der Beharrlichkeit und hüten Sie sich vor Ungeduld. Denken Sie daran: Wer empfangen will, muss geben. Unangemessene Gefühlszustände und Verhaltensweisen werden häufig von irrationalen Anschauungen und irrationalen Lebensphilosophien hervorgerufen.

Albert Ellis, der Begründer der Rational-Emotiven Therapie, hat solche selbstschädigenden Ansichten und Ideen, die den Menschen in psychische Verwirrung versetzen können, zusammengestellt. In Tabelle 13 sind zu den verschiedenen irrationalen Ideen entsprechende rationale Überzeugungen als   Alternativen formuliert worden (vgl. Schwartz, 1987, S. 52ff).         

Irrationale Idee

Rationale Alternative

Ich muss von jedermann - zumin­dest von jeder Person, die mir et­was bedeutet - nahezu immer geliebt, geschätzt oder anerkannt werden; wenn dies nicht der Fall ist, so wäre das schrecklich.

Es ist wünschenswert, von ande­ren Menschen geschätzt zu wer­den. Ich bin jedoch nicht unbe­dingt auf die Wertschätzung ande­rer Personen angewiesen. Ich kann mich selbst achten und ak­zeptieren.

Ich bin ein Mensch ohne Wert, wenn ich mich nicht in allem -oder zumindest auf einem wichti­gen Gebiet - überaus kompetent, tüchtig und erfolgreich erweise.

Ich bin ein Mensch mit Fehlern und kann mich als solcher akzep­tieren, auch wenn ich mich so verhalte wie ich es nicht mag.

Wenn andere Menschen unfair oder schlecht handeln, sollte man sie streng zurechtweisen und be­strafen, denn sie sind böse und verdorbene Menschen.

Weil Menschen fehlbare Wesen sind, können sie unfair und schlecht handeln. Sie tun dies häutig aus Unwissenheit oder auf Grund psychischer Störungen. Statt sie zu bestrafen, helfe ich ih­nen besser, in Zukunft anders zu handeln.

Es ist schrecklich und eine Kata­strophe, wenn die Dinge nicht so sind, wie ich es gerne hätte.

Es ist wirklich bedauerlich, wenn die Dinge so sind, wie wir es nicht mögen und es ist ratsam, die ver­antwortlichen Bedingungen zu än­dern. Wenn eine Änderung aber nicht möglich ist. so ist es besser, dies zu akzeptieren.

Emotionale Probleme haben äu­ßere Ursachen und ich habe we­nig Möglichkeiten, meine Gefühle zu verändern oder zu kontrol­lieren.

Emotionale Schwierigkeiten sind zu einem großen Teil durch die Sicht bedingt, die ich von den Dingen habe. Man hat enorme Kontrolle über seine destruktiven Gefühle, wenn man an der Verän­derung der törichten und unwis­senschaftlichen Hypothesen zu ar­beiten beginnt, die diese Gefühle hervorrufen.

Ich muss mir große Sorgen ma­chen oder mich angesichts von Ereignissen, die möglicherweise gefährlich sein könnten, sehr äng­stigen.

Das Leben besteht zu großen Tei­len aus Risiko. Ich kann nicht al­les kontrollieren. Besser den Ge­fahren ins Gesicht schauen und sie ruhig bekämpfen, als sich ständig zu beunruhigen. Unver­meidliches besser akzeptieren.

Es ist leichter, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, als sich ihnen zu stellen. Ich muss mich im­mer wohlfühlen und darf keinerlei Schmerz ertragen müssen.

Der sogenannte leichte Weg ist oft der schwerere. Unannehmlich­keiten kann man ertragen, auch wenn man sie niemals mögen wird.

Man braucht jemanden, der stär­ker ist als man selbst, auf den man sich stützen kann.

Es ist besser, das Risiko des un­abhängigen Handelns und Den­kens auf sich zu nehmen. Es ist schön, Ratgeber zu haben, aber ich bin nicht auf sie angewiesen. Die letzte Entscheidung treffe ich selbst.

Meine Vergangenheit ist die Ursa­che für meine gegenwärtigen Pro­bleme, weil etwas, das sich früher einmal stark auf mein Leben aus­wirkte, dies auch weiterhin tut.

Man kann aus der Vergangenheit lernen, aber die Vergangenheit determiniert mich nicht völlig. Emotionale Probleme haben ge­genwärtige Gründe.

Die Welt sollte fair und gerecht sein.

Die Welt ist so, wie sie sein muss. Ich kann sie zu verändern trach­ten, aber es gibt keinen Grund, warum sie anders sein sollte.

Irrationale Ideen und rationale Alternativen

Bildquelle: W.Busch: Fips der Affe

 



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