Prof. Dr. Johann Ceh

Biberach

BärFrequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)

F: Ich finde in vielen Situationen oft nicht die passende Antwort. Kann ich Schlagfertigkeit trainieren?  

A:      Lernen Sie situationsadäquat zu reagieren -trainieren Sie Ihre Schlagfertigkeit

Zwischenmenschliche Kontakte werden überwiegend durch das gesprochene Wort aufgenommen und aufrechterhalten. Das Gespräch ist eine der Grundformen des Gemeinschaftslebens, und nicht selten entwickelt sich daraus ein Machtkampf in Form eines Wortkampfes.

Recht haben und recht behalten sind oft zwei verschiedene Dinge.

Die Erfahrung lehrt, dass leider nicht immer derjenige als Gewinner aus einem Wortstreit hervorgeht, auf dessen Seite Wahrheit und Recht liegen. Häufig obsiegt der Kontrahent, der, im übertragenen Sinn, am besten mit Florett oder Degen - gelegentlich auch mit dem schweren Säbel - umzugehen imstande ist. Nicht in jedem Fall geht es dabei fair zu. Um in der Fechtersprache zu bleiben: Hie und da werden auch „Sauhiebe" gesetzt. Der Vorteil, nach dem jeder Teilnehmer am Kampf der Meinungen strebt, ist die Schlagfertigkeit: Wer zum Schlage fertig ist, kann ihn sofort ausführen und ist dadurch in der besseren Position, Blitzartiges Erfassen des Gesagten, der Blick für das Wesentliche und die Möglichkeit zu schlussfolgerndem Denken sind Voraussetzungen für schlagfertiges Reagieren in einem Disput.

Ein Trost für die vielen, die sich in diesem Bereich schwertun: Auch Menschen, die wegen ihres „Mutterwitzes" und ihrer Schlagfertigkeit berühmt (und gefürchtet) sind, verschlägt es gelegentlich die Sprache, und die passende Antwort fällt ihnen nicht oder zu spät ein.

Wie alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten beruht die „Kunst des Parierens" auf Begabung und Übung. In manchen Fällen lassen sich bei der Vorbereitung auf ein Gespräch oder eine Rede der späteren Situation angemessene Reaktionen bereits einplanen.

Winston Churchill zum Beispiel war bekannt für seine rhetorische Geschicklichkeit und als Debattenredner gefürchtet wegen seiner Schlagfertigkeit und wegen seines „rasiermesserscharfen" Witzes. Von ihm wird gesagt, dass er sich auf Redeauftritte besonders intensiv vorbereitete und eigens provozierende Formulierungen in seinen Vortrag einbaute, auf die ein bestimmter Zwischenruf aus dem Zuhörerkreis zu erwarten war. Auf solche einkalkulierten Reaktionen aus dem Publikum be­reitete Churchill eine treffende Antwort vor.

Vieles lässt sich anlässlich eines wichtigen Gesprächs im Voraus bedenken und durchspielen, zum Beispiel verschiedene Antworten auf die Frage: „Was sage ich, wenn ...". Sofern Ihnen die „Lieblingsfragen und -argumente" Ihres Gesprächspartners bekannt sind, können Sie dazu im Vorfeld bereits passende Antworten entwickeln.

Wer gegnerische Einwände - etwa mit der Formulierung: „Es könnte die Frage auftauchen, ob es zweckmäßig ist..." -vorwegnimmt, verringert das Gewicht dieser Einwände.

Beobachten Sie aufmerksam die Rede- und Antworttechnik schlagfertiger Menschen, und nutzen Sie jede Gelegenheit zur Erweiterung und Verbesserung Ihres Wortschatzes. Viele Wörter der deutschen Sprache haben mehrere Bedeutungen.

Ein vom Gesprächspartnerin die Diskussion eingebrachtes Wort kann in vielen Fällen aufgegriffen und in einer anderen Bedeutung verwendet werden. Situationsadäquates Verhalten und schlagfertiges verbales Reagieren lassen sich auch mental trainieren. Malen Sie sich Redesituationen mit treffenden Antworten und Anmerkungen in Ihrer Phantasie aus, damit Sie im konkreten Fall darauf zurückgreifen können. Vielleicht sind Sie mit dem Verlauf einer bereits hinter Ihnen liegenden Unterredung nicht zufrieden. Auch aus einem für Sie negativen Gesprächsergebnis können Sie lernen.

Rückbesinnende, selbstkritische Nachbereitungen von Gesprächen sind eine Hilfe für künftige Wortgefechte. Sie können sich nach verpassten Chancen für treffende Antworten (zum Beispiel auf Kärtchenen im Format DIN A 6) entsprechende Notizen machen: „Was hätte ich an dieser oder jener Stelle sagen, welches Argu­ment hätte ich einsetzen sollen?"

Legen Sie sich einen griffbereiten Vorrat an Redewendungen für Standardsituationen (Angriffe, Missachtungen Ihrer Person, Zwischenrufe,...) an, und prägen Sie sich diese Formulierungen ein (s. Arbeitsblätter VIII und IX). Studieren Sie die folgenden Beispiele. Sie stellen keine „Rezeptologie der Schlagfertigkeit" dar, sondern sie sollen lediglich als Anregungen dienen. Viele der angeführten Reaktionen lassen sich in abgewandelter Form auf andere Situationen übertragen.

Beispiele für witzige - in einigen Fällen auch „boshafte bis böse" - schlagfertige Antworten:

-  Ein Schwätzer fragte den griechischen Philosophen Aristoteles: „Habe ich dich mit meinem Gerede sehr gelangweilt?" Antwort: „Ich habe dich nicht gehört, denn du sagtest ja nichts." Churchill

-  „Wenn ich mit diesem ehrenwerten Mitglied des Hohen Hauses verheiratet wäre, würde ich ihm Gift verabfolgen." Winston Churchill erwiderte auf diesen Zwischenruf von Lady Astor im britischen Parlament: „Und wenn ich mit diesem ehrenwerten Mitglied des Hohen Hauses verheiratet wäre, würde ich das Gift sogar nehmen." - 

WehnerHerbert Wehner, der langjährige SPD-Fraktionschef, nannte vor Jahren den Reporter Ernst Dieter Lueg in einem Interview süffisant „Herr Lüg", und Lueg konterte geistesgegenwärtig mit „Herr Wöhner".

-  Ein Angler wird gefragt: „Beißen sie?" Antwort: „Nur wenn man mich reizt!" -  „Wie schmeckt Ihnen mein Kaffee?" Antwort: „Ich habe immer gemeint, Kaffee ist ein Wort - jetzt sehe ich: Kaffee ist ein Satz." -  „Verzeihen Sie, mein Name ist Meier". Antwort: „Ich verzeihe Ihnen." -  „Wir machen eine Denkpause." Kommentar: „Eine Pause zum Denken oder vom Denken?"

-  „Der eine besticht durch Brillanz, der andere brilliert durch Bestechlichkeit."

In Versform kann man einiges sagen, was in Prosa den Unwillen vieler herausfordern würde:

-  „Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!"

Rabmdranäth Tagore  

-  Ein Mensch erhofft sich fromm und still, Dass er einst das kriegt, was er will, Bis er dann dem Wahn erliegt, Und schließlich das will, was er kriegt.

Eugen Roth  

- Erfolg im Leben ist etwas Sein, etwas Schein und sehr viel „Schwein".

Philip Rosenthal

- Ein Mensch wird laut, wenn er was will. Wenn er's erst hat, dann wird er still: Das „Danke!" ist, nach alter Sitte, weit seltner als das „Bitte, bitte".

 Eugen Roth

- Nie dürft Ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man Euch zieht, auch noch zu trinken.

Joachim Ringelnatz

- Ein Mensch frisst viel in sich hinein: Missachtung, Ärger, Liebespein. Und jeder fragt mit stillem Graus, Was kommt da wohl einmal heraus? Doch sieh! Nur Güte und Erbauung, Der Mensch hat prächtige Verdauung

Eugen Roth

- Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hie und da. Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. Joachim Ringelnatz

- Klug ist, wer stets zur rechten Stunde kommt, doch klüger, wer zu geh'n weiß, wann es frommt.

Emanuet Geibel

Der Ton macht die Musik! Wählen Sie im Bereich der Alltagsrhetorik Formulierungen, die zu Ihrem Stil passen. Werden Sie nicht zu „einem Mann/einer Frau des spitzen Wortes zur rechten Unzeit".  



zurück