Prof. Dr. Johann Ceh

Biberach

BärFrequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)

F: Wie kann ich von meinem „ewigen Grübeln“ loskommen?

A:  Grübeln ist ein Form des Nachdenkens, bei der die Gedanken um Themen oder ein spezielles Problem kreisen, ohne dabei zu einer Lösung zu gelangen. Grübeln ist ein Denkprozess mit Wiederholungsschleife, ein Gedankenkarussell. Grübeln ist stark selbstbezogenes Wälzen von Problemen und passiert im Zustand exzessiver Selbstaufmerksamkeit.
Das zwanghafte Gedankenkarussell, das einen nicht weiterbringt, erzeugt und nährt negative Gefühle und entsprechende körperliche Reaktionen und behindert – anders als erhofft - die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Gedanken, die  sich ständig im Kreis drehen, versperren den Blick auf die Lösung.

Der Fachbegriff für „Grübeln“ im englischsprachigen Raum ist „Rumination“. Wie beim Wiederkäuen der Rinder, kommen negative Gedanken immer wieder hoch, werden durchgekaut und wieder hinuntergeschluckt. Während Kühe jedoch im Verdauungsprozess dadurch Energie gewinnen, wird man durch permanentes Grübeln immer tiefer in die Störung hineingezogen.

Grundsätzlich gilt:  Unser Verstand versucht, aus der Vergangenheit zu lernen, um bedrohliche Situationen in Gegenwart und Zukunft zu vermeiden. Allerdings bauscht er dabei manchmal unbedeutende Situationen auf und übertreibt maßlos.

Durch häufiges Grübeln können sich Depressions-, Angst- und Zwangssymptome verstärken, weil bestimmte Hirnregionen durch immer wiederkehrende Gedanken überaktiviert werden.
Wenn systematisches Grübeln länger als 6 Monate anhält, könnte eine generalisierte Angststörung vorliegen.

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Forscher der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum haben sich gründlich mit dem Grübel-Thema auseinandergesetzt. Wenn man nicht weiß, ob man noch problemlösend denkt, oder schon grübelt, sollte man zwei Minuten lang seine Gedanken weiterverfolgen, so der Tipp der Psychologen der Ruhr-Universität. Anschließend sollte man sich folgende Fragen stellen:

Bin ich einer Lösung näher gekommen?
Habe ich etwas verstanden, was mir vorher nicht klar war?
Fühle ich mich in irgendeiner Weise weniger depressiv?

Wer keine der Fragen mit JA beantworten kann, grübelt sehr wahrscheinlich – meinen die Bochumer.

Was nun tun gegen Grübeln? Um die Kontrolle über die Gedanken wiederzuerlangen und die Aufmerksankeit selbst lenken zu können, wurde für Betroffene eine Art „Werkzeugkasten“ mit verschiedenen Interventionsmaßnahmen entwickelt.

Aufmerksamkeitsübung

Konzentrieren Sie sich nacheinander auf verschiedene Geräusche oder Gerüche in Ihrer Umgebung. Machen Sie einen Spaziergang, bei dem Sie nicht wertend auf Details achten. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit – statt auf negative Gedanken – auf Sinneseindrücke.
Grübeln ist ein Zustand exzessiver Selbstaufmerksamkeit. Durch diese Übung nimmt die aufmerksame Beschäftigung mit sich selbst ab. Der „Aufmerksamkeitsscheinwerfer“ richtet  sich – statt auf die eigene Person – auf etwas anderes.
Suchen Sie Ablenkung:  Irgendetwas, bei dem Sie sich wohlfühlen und das Ihnen Ihre volle Aufmerksamkeit abverlangt.

Achtsames Distanzieren

Lassen Sie sich nicht von Ihren negativen Gedanken provozieren. Schenken Sie ihnen nicht zuviel Aufmerksamkeit. Lassen Sie die Gedanken einfach treiben. Sie sollten sie aber auch nicht komplett ignorieren, sondern Mittel der Wahl wäre allenfalls das Umdeuten (Reframing). Nehmen Sie Ihre Gedanken wahr wie eine Welle, die kommt und wieder geht.

„Gedanken nur als Gedanken“ benennen, nicht als Realität

Sehen Sie Gedanken als solche und nicht als Tatsachen und sagen Sie sich: „Ich habe gerade den Gedanken, dass …“
Gedanken sind einfach nur Gedanken. Sie müssen nicht wahr sein.

„Blätter im Fluss“

Stellen Sie sich vor, wie Sie belastende Gedanken auf schwimmende Blätter setzen und auf dem Wasser davonziehen lassen. Das Wasser trägt sie davon.

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„Expressives Schreiben“

Grübeln Sie nicht über ein Thema, sondern schreiben Sie darüber – nur für sich selber, ohne Zensur, mindestens 20 Minuten lang.
Bringen Sie Ihre Gedanken zu Papier und schaffen Sie durch die „Verschriftlichung“ Ordnung in Ihrem Kopf.

Weitere Experten-Tipps zum Stoppen des lästigen Grübelns:

Rufen Sie, sobald Sie zu grübeln beginnen, in Gedanken – oder wenn Sie allein sind laut – „STOPP“ und klatschen Sie dabei in die Hände.
Planen Sie täglich eine halbe Stunde Zeit zum Grübeln ein und vertrösten Sie Ihre negativen Gedanken auf diese Minuten. Wenn diese Zeit gekommen ist, werden Sie nicht selten feststellen, dass das Problem nicht mehr so wichtig ist.
Am Abend werden grundsätzlich keine Probleme gewälzt!

Vermeiden Sie für Sie typische „Grübelfallen“ – das können Orte, Zeiten, Situationen oder Personen sein.

Verlangsamen Sie Ihre Atmung und nehmen Sie eine selbstbewusste Körperhaltung ein. Eine verlangsamte Atmung beruhigt und immer weniger besorgniserregende Gedanken steigen auf.
Nutzen Sie die Wechselwirkung zwischen Körperhaltung und Gefühlen. Orientieren Sie sich am „So tun als ob“-Prinzip: Wenn Sie eine bestimmte Eigenschaft erreichen wollen, dann tun Sie doch einfach bereits so, als ob Sie diese Eigenschaft schon hätten.

Stellen Sie sich relativierende Fragen, um den Fokus auf das große Ganze zu lenken.
Beispiele: „Spielt das in einem Jahr noch eine Rolle?
                „Welche Rolle spielt das, wenn ich auf dem Sterbebett liege?“

Nehmen Sie sich selbst so an, wie Sie sind, statt sich permanent mit anderen zu vergleichen.
Es wird immer jemanden geben, der reicher, größer, stärker, schöner, intelligenter, … ist.
Alle  diese Eigenschaften sind nur Facetten einer Person, die nichts über ihren „Gesamtwert“ aussagen. Also: Selbstakzeptanz mit Stärken und Schwächen statt sozialer Vergleiche.

Probieren Sie die beschriebenen Methoden aus und suchen  Sie sich, die für Sie effektivste aus oder kombinieren Sie mehrere.

„Halte  Dir jeden Tag dreißig Minuten für Deine Sorgen frei, und in dieser Zeit mache ein Nickerchen.“ (Abraham Lincoln)



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