Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)
F: Wie kann man gute Vorsätze möglichst auf Dauer in die Tat umsetzen?
A:
Ein Vorsatz ist das, was wir uns als neues
wünschenswertes Verhalten vor Augen halten. Viele Menschen beschließen,
Dinge zu tun, aber sie tun sie dann doch nicht. Viele gute Vorsätze
scheitern
- weil sie zu hohe Erwartungen beinhalten,
- weil sie leichtfertig, ohne Beachtung der Kosten (im allumfassenden Sinn) für eine Veränderung, gefasst werden,
- weil viele Menschen zu ungeduldig sind und bei Vorsätzen den schnellen Erfolg wollen.
„Ich glaube, dass die Ungeduld, womit man seinem Ziel zueilt, die
Klippe ist, woran gerade oft die besten Menschen scheitern.“ (Friedrich
Hölderlin)
„Der Ungeduldige fährt sein Heu nass ein“ (Wilhelm Busch) – und riskiert
dabei Verschimmelung oder Heustockbrand.
„Was langsam wächst, das wird doppelt stark.“ (Conrad Ferdinand Meyer).
Die Gehirnregion, die verrät wie wir uns in Zukunft bewusst verhalten werden, ist der mittlere präfrontale Cortex. Er ist Teil des Frontallappens der Großhirnrinde, liegt etwa zwischen den Augenbrauen und ist für unsere Selbstreflexion zuständig. Den größten Teil unserer Entscheidungen treffen wir jedoch gar nicht bewusst. Unser Bewusstsein steht in der neuronalen Hierarchie nicht ganz oben, sondern unbewusste Prozesse, die in tiefer liegenden und entwicklungsgeschichtlich älteren Teilen des Gehirns ablaufen, stehen darüber. Wir tun vieles „aus dem Bauch heraus“.
Bestimmte Denk- und Verhaltensmuster prägen sich als Gewohnheiten ein. Über Synapsen bilden sich in unserem Gehirn Leitungsbahnen heraus, die mit der Häufigkeit ihrer Erregung gestärkt werden. Man spricht bei diesen „Datenautobahnen“ flapsig von „Neuronalen Trampelpfaden“. Genau darin liegt der Grund, warum es uns so schwer fällt, uns zu verändern: Unser Unterbewusstsein vertraut den bewährten neuronalen Autobahnen oft mehr als neuen Trampelpfaden, die erst noch getreten werden müssen. Die Autobahnen sind so breit und so bequem, dass wir sie irgendwann automatisch benutzen. Ehe wir uns versehen läuft alles ganz fix hierüber ab – und wir haben wieder nach altem Muster reagiert oder gehandelt. Einmal gebahnte Reaktionswege können zudem nicht mehr aufgelöst werden, d.h. geknüpfte synaptische Verbindungen bleiben ein Leben lang bestehen.
Um eine gelernte (gebahnte) Verhaltensweise (zum Beispiel eine Angstreaktion!) aufzugeben, muss man die alte Bahnung hemmen. Will man (gleichzeitig) ein neues Verhalten begründen, muss man eine Neubahnung herstellen, also spezifische Neuronen neu verknüpfen. Damit die neue neuronale Verknüpfung stabil wird, ist die häufige Wiederholung des angestrebten Verhaltens notwendig. Je öfter wir eine entsprechende Reaktion wiederholen, desto mehr entsprechende Neuronen verbinden sich und je selbstständiger läuft die Reaktion schließlich ab. „Seine neuronalen Strukturen zu ändern, ist ganz und gar nicht leicht, denn die meisten davon, und ganz besonders die, die Schwierigkeiten machen, sind sehr gut gebahnt und laufen darüber hinaus ohne Bewusstsein ab.“ (Klaus Grawe) „Das Gehirn trachtet immer danach, Dinge zu automatisieren, Gewohnheiten auszubilden, und besetzt dies mit deutlichen Lustgefühlen.“ (Gerhard Roth)
Am Bewährten festzuhalten vermittelt zudem das Gefühl der
Sicherheit und Geborgenheit und dämpft die Furcht vor der Zukunft. Jede
Verhaltensänderung stellt dagegen ein gewisses Risiko dar. Veränderung
bedeutet, die bequeme Komfortzone zu verlassen. Wenn wir uns verändern
wollen, müssen wir Neues lernen (bzw. hinzulernen).
Jedes Mal, wenn wir etwas Neues lernen, entstehen neue Verbindungen in
unserem Gehirn – Lernvorgänge führen also zu neuen neuronalen
Vernetzungen. Verändern heißt, sich aufmachen, um einen neuen Weg zu
gehen. Auf dem Weg der Veränderung sind viele kleine Schritte notwendig.
Wie schwierig und fallenreich eine wirklich radikale Lebenswende
ist, hat zum Beispiel der Kirchenlehrer Augustinus in seinen
„Confessiones“ eindrucksvoll geschildert. Als er sich zum Christentum
bekehrte, entnahm der bis dahin lebenslustige junge Mann den Briefen
des Apostels Paulus den Auftrag, künftig in Gottesliebe und Keuschheit
zu leben:
„Da sprach ich in meines Herzens Grunde zu mir: Bald, bald wird es
geschehen! … Fast tat ich´s und tat´s doch nicht. … Zurück hielten mich
die Nichtigkeiten und Eitelkeit. Meine alten Freundinnen zerrten mich am
Mantel meines Fleisches und flüsterten mir zu: Was, du willst uns
verlassen?“
Patentrezepte für das Einhalten guter Vorsätze es gibt schon deshalb
nicht, weil die menschlichen Persönlichkeitsstrukturen zu
unterschiedlich sind. Einige psychologische Strategien können jedoch
dabei helfen, durchzuhalten. Wer eine Angewohnheit aufgeben möchte,
sollte zuerst ergründen, warum er diese Angewohnheit hat. Ein Mensch,
der zum Beispiel jeden Tag eine Tafel Schokolade isst, weil er
frustriert ist, muss - wenn er seinen Verzicht-Vorsatz durchhalten will
- die Frustrationsquelle suchen und „trocken legen“. Zudem sollte er
sich überlegen, was er als für ihn positive Alternative machen möchte.
Statt
zur Tafel Schokolade zu greifen, könnte er zum Beispiel für sich Tee
kochen, wenn er ein Freund dieses Getränkes ist.
Setzen Sie sich realistische Ziele. Gute Vorsätze scheitern oft daran,
dass Sie nicht konkret genug sind, dass man selbst nicht wirklich
dahinter steht (es macht nicht unbedingt glücklich, die Ziele anderer zu
verwirklichen!) oder, dass man sich zu viel vornimmt (das Einhalten
einer ganzen Litanei von Vorsätzen überfordert kräftemäßig!).
Formulieren Sie Vorsätze positiv. Wenn Sie sich verbieten Schokolade zu
essen, denken Sie den ganzen Tag an diese Süßigkeit und der Heißhunger
wird immer größer. Einen Vorsatz umzusetzen fällt leichter, wenn damit
positive Gefühle verbunden werden.
Also statt: „Keine Schokolade mehr!“, könnten Sie sich vornehmen: „Ich
erlaube mir jeden Tag mit Genuss einen Riegel Schokolade!“. Es macht
keinen Sinn, das Verhalten ändern zu wollen, wenn man angespannt,
gestresst oder krank ist.
Verhaltensänderungen kosten nun einmal viel Kraft. Schon bei Ignatius
von Loyola findet sich der Rat, nichts in der Krise zu entscheiden.
Vieles gelingt leichter, wenn man sich Verbündete sucht: Der Freund, der
einen zum Sport abholt, die Selbsthilfegruppe, die sich gegenseitig
Tipps gibt, … . Wer sich für das, was er geschafft hat, selbst auf die
Schulter klopft, motiviert sich zum Durchhalten. Kleine Belohnungen
zwischendurch, spornen ebenfalls an: „Wenn …, dann … .“
Auch die Motivationspsychologin Gabriele Oettingen (New York University)
hat sich zu der Thematik Gedanken gemacht. Ihre These lautet:
Sich die Zukunft rosig auszumalen reicht nicht, man muss die
Wirklichkeit gegenüberstellen. Wenn man das gewünschte Ergebnis kennt
und die Hürden auf dem Weg dorthin, kann man sein Ziel besser verfolgen
– und erreichen. „Mentales Kontrastieren“, MCII (Mental contrasting with
Implementation Intensions) nennt sie das. Mentales Kontrastieren fußt
darauf, sich die erwünschte Zukunft in den schönsten Farben gedanklich
auszumalen – und dann einem „Hindernis-Check“ zu unterziehen.
Wenn ich weiß, was mich wirklich von der Erreichung meiner Ziele abhält,
dann komme ich weg von Ausreden. Im Zusammenhang mit dem Wunsch nach
mehr Bewegung und einem fitten Körper könnte eine solche Analyse
beispielsweise lauten:
„Was hält mich davon ab, mehrmals in der Woche zu joggen?“, „Fehlt es an
der richtigen Kleidung für schlechtes Wetter?“, „Wäre es mir lieber
Sport im Team zu treiben?“.
Bewährt hat sich die Formulierung sog. „Durchführungsvorsätze“,
verbunden mit der Visualisierung konkreter Bilder .
Ein Beispiel: „Mittwoch und Freitag jogge ich. Wenn ich müde bin, ziehe
ich trotzdem meine Sportschuhe an und gehe los“. Durch Mentales
Kontrastieren wird nach Oetingen die Zielbindung (goal commitment)
gestärkt. Durch das Abwägen zwischen Wunsch und Wirklichkeit findet man
leichter heraus, welche Ziele Erfolg versprechend sind und welche nicht.
An Ziele, die erstrebenswert und erreichbar sind, bindet man sich.
Ziele, die unrealistisch erscheinen, werden aufgegeben. Goal Commitment
gleicht einer Energiebündelung für Wünsche, die umsetzbar sind – also
für „kluge“ Wünsche.
In der Praxis können Sie so vorgehen:
- Benennen Sie Ihr derzeit wichtigstes Problem (z.B. ein Konflikt mit einem Ihrer Lehrer/Kollegen/Kommilitonen).
- Denken Sie dann an die von Ihnen gewünschte Zukunft und schreiben Sie vier positive Punkte auf, die mit einer erfolgreichen Problemlösung einhergehen (z. B. bessere Noten, weniger Ärger, gute Laune, …).
- Kontrastieren Sie nun diese Zukunft mit den realen Widerständen und notieren Sie dementsprechend vier Hürden, die Ihre Wunscherfüllung behindern könnten (z. B. Angst vor einem klärenden Gespräch, …).
- Formulieren Sie schließlich nach einem Hindernis-Check zwei der positiven Zielaspekte und zwei der Hürden mit mehreren Sätzen aus.