Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)
F:
Kann man Optimismus lernen?
Der US-amerikanische Psychologe und Bestsellerautor Martin Seligman zum
Beispiel – ein Mitbegründer der „Positiven Psychologie“ – beantwortet,
die in der Überschrift gestellte Frage, in und mit seinem Buch:
„Pessimisten küsst man nicht. Optimismus kann man lernen“ mit einem
eindeutigen Ja.
Vor etwa 130 Jahren wurde die Psychologie als akademische Disziplin
begründet. Lange Zeit widmeten sich Forscher fast ausschließlich den
Schattenseiten der Seele (Angst, Schmerz, Depression,…). Martin Seligman
u.a. setzten sich vehement für eine Wende in Richtung Beschäftigung mit
Entstehungsbedingungen und Aufrechterhaltung positiver Gefühle ein.
Untersucht wird zum Beispiel die „Zuversicht“, die in so
unterschiedlichem Maß unter den Menschen verteilt ist. Gearbeitet wird
mit differenzierten Fragebögen.
Wer zum Beispiel der Behauptung „In unsicheren Zeiten erwarte ich trotzdem das Beste“ weitgehend zustimmt, wird zu den Optimisten gezählt.
Wer bei Aussagen wie „Wenn etwas bei mir schiefgehen kann, geht es auch
schief“ hohe Werte angibt, wird als pessimistisch eingestuft.
Die
sog. „Big Five“ sind die fünf Grundbausteine, aus
denen sich die Persönlichkeit eines Menschen zusammensetzt. Es sind die
- durch aufwändige rechnerische Verfahren ermittelten und statistisch
voneinander unabhängigen -Faktoren (Wesensmerkmale):
Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, Offenheit.
Ausgeprägt extravertierte Menschen sind besonders gesellig, gehen gern auf andere zu, begeben sich mit Vorliebe unter Leute und reden viel.
Neurotizismus bezeichnet, wie besorgt jemand ist, ob er verstärkt zu Depressionen und Selbstmitleid neigt oder eher zufrieden und selbstsicher ist. Wer optimistisch ist, zeichnet sich zumeist durch eine stark ausgeprägte Extraversion und einen niedrigen Neurotizismus aus und er geht selbstbewusst und offen auf andere Menschen zu.
Pessimisten sind dagegen verstärkt introvertiert und ausgeprägt neurotisch, blicken besorgt auf sich und andere und meiden häufig andere Menschen. In der Psychologie gibt es das Phänomen der „selbsterfüllenden Prophezeiung“ (siehe auch FAQ „Was versteht man unter einer selbsterfüllenden Prophezeiung?“):
Womit man sich gedanklich permanent beschäftigt, was man erwartet oder
vorhersieht, neigt dazu, Wirklichkeit zu werden.
So gesehen sind sowohl Optimisten als auch Pessimisten gute Propheten.
Beide haben recht. Sie unterscheiden sich jedoch in einem sehr wichtigen
Punkt:
Der Optimist fühlt sich gut, der Pessimist fühlt sich schlecht.
Optimisten und Pessimisten richten bei ein und demselben Sachverhalt ihr Augenmerk auf völlig unterschiedliche Dinge. Pessimisten haben ihrem Gehirn via Erfahrungen beigebracht, auf das Negative, Unerfreuliche zu schauen und sie haben daraus eine pessimistische Sicht der Dinge und die Gewohn- heit entwickelt, eher negativ zu denken. Ein Scheitern betrachten sie nicht selten als universelle Gesetzmäßigkeit ihres Lebens.
Jedoch: Was man gelernt hat, kann man auch wieder verlernen. Wir können unsere pessimistische Sichtweise durch eine optimistischere ersetzen.
Seligman hat also recht: Optimismus kann man - zumindest in Maßen – lernen. Der entscheidende Unterschied zwischen Optimisten und Pessimisten liegt nicht in den jeweils objektiv gemachten Erfahrungen, sondern in ihren persönlichen Erklärungsmustern, der gedanklichen Bewertung dieser Erfahrungen. Der Unterschied besteht genau darin, worauf jemand seine Erfolge und Misserfolge zurückführt und welche Erwartungen für ihn daraus für die Zukunft resultieren.
In der Sozialpsychologie bezeichnet man solche Erklärungsmuster als „Kausalattribuierung“, als Ursachenzuschreibung. Wer Erfolge prinzipiell seinem Können zuschreibt und Misserfolge widrigen äußeren Umständen, geht an künftige Aufgaben optimistischer heran als jemand, der seine Erfolge auf günstige äußere Umstände oder Glück zurückführt und Misserfolge auf seine mangelnden Fähigkeiten.
Wer Erfolge prinzipiell dem eigenen Können zuschreibt und Niederlagen auf Zufälligkeiten und äußere Umstände zurückführen kann, stärkt dadurch sein Selbstvertrauen – selbst wenn das Erklärungsmuster nicht ganz der Realität entspricht.
Optimisten richten ihre Aufmerksamkeit vor allem auf den erwarteten Gewinn und weniger auf die möglichen Verluste. Optimisten gehen deshalb meist größere Risiken ein als Pessimisten. Nach den Erkenntnissen der Rational-Emotiven-Therapie (Albert Ellis) sind Ihre Gefühle die „Auftragsarbeit“ Ihrer Gedanken: „Nicht die Dinge selbst beunruhigen uns, sondern unsere Vorstellungen von den Dingen“ (Epiktet). Entscheidend ist die Art und Weise, wie wir über Dinge denken. Sie sind demnach der „Steuermann,die Steuerfrau“ Ihrer Gefühle und Sie können lernen, sich so zu fühlen wie Sie möchten, unabhängig von den jeweiligen Umständen und unabhängig davon, was andere Menschen sagen oder tun.
Den Zusammenhang zwischen Denken und Fühlen/Verhalten bezeichnet man als „ABC der Gefühle“ (siehe auch FAQ „Woher kommen unsere Angstgefühle?“).
„A“ (activating event) steht für die Situation in der Sie optimistischer sein möchten.
„B“ (beliefs) steht für Ihre Gedanken, Bewertungen, Einstellungen.
„C“ (consequences) steht für Ihre Gefühle und Verhaltensweisen. Mit Hilfe von zwei Fragen können Sie „B“ daraufhin überprüfen, ob es eher pessimistisch oder eher realistisch ist: - Entspricht der Gedanke den Tatsachen? (Sie können zum Beispiel nicht in die Zukunft schauen und wissen, wie ein anderer reagieren wird. Sie können auch nicht die Gedanken eines anderen Men- schen lesen) - Hilft mir der Gedanke, mich so zu fühlen und zu verhalten, wie ich möchte? Gedanken, die nicht den Tatsachen entsprechen oder die uns nicht helfen uns so zu fühlen, wie wir es möchten, sind pessimistische Gedanken. „Optimisten denken anders“ (Segerstrom) und sie leben länger (Seligman: „Warum Optimisten länger leben“).
Ein Pessimist hat schon viel gewonnen, wenn es ihm gelingt, wie ein Realist zu denken. Um die Möglichkeiten des Modell-Lernens zu nutzen - bzw. diesbezügliche negative Lernerfahrungen zu verhindern – sollten Sie die Gesellschaft von Optimisten suchen und die Gesellschaft von Pessimisten meiden.
Halten Sie sich von Menschen fern, die permanent klagen und jammern und Ihnen laufend erklären, warum etwas nicht gutgehen kann. Der Kognitive Verhaltenstherapeut Rolf Merkle empfiehlt, als Strategie für mehr Optimismus: „Reagieren Sie positiv auf die Frage: ´Wie geht´s?`
Gewöhnen Sie sich an, auf die Frage nach - Ihrem Befinden zu antworten: ´Danke, sehr gut`oder ´Bestens`. Auch wenn es Ihnen nicht gut geht – gerade dann. Je mehr Sie sich in Gedanken und in Gesprächen mit anderen mit Ihrem schlechten Befinden beschäftigen, umso schlechter geht es Ihnen. Sie tun sich keinen Gefallen, wenn Sie über Schmerzen oder ein schlechtes Befinden klagen. Sie verschlimmern Ihre Beschwerden nur noch, weil Sie sich darauf konzentrieren. Wenn dann der andere in Ihr Klagelied auch noch einstimmt, ziehen Sie sich gegenseitig noch weiter runter.“
Die Optimismus-Forscherin Suzanne Segerstrom von der Universität von Kentucky fordert Menschen auf, eine Art „Optimismus-Tagebuch“ zu führen, in dem sie positive Gedanken, Wünsche und Erlebnisse festhalten. Menschen, die Zuversicht erlernen wollen, sollen jeden Tag in einem „Protokoll der guten Dinge“ drei Erlebnisse festhalten, die sie als angenehm empfunden haben. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf positive Dinge verlagern, verschiebt sich mit der Zeit unsere Sicht der Dinge. Nachgewiesenermaßen vermögen wir so auch im Erwachsenenalter noch eine optimistischere Lebenseinstellung zu gewinnen.
„Der Optimist hat nicht weniger oft unrecht als der Pessimist,
aber er lebt froher.“
(Charlie Rivel)