Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)
F:
Ich tappe immer wieder in die
Perfektionismus-Falle. Was kann ich dagegen tun?
A: Einer der größten Zeitfresser, der uns auch noch
Gelassenheit und Selbstvertrauen raubt, ist der Versuch, alle Arbeiten
bis ins letzte Detail perfekt zu erledigen.
„Sei perfekt!“ nennt man in der Psychologie einen „Antreiber“,
eine Verhaltensweise, die wir Menschen entwickelt haben, um uns
Anerkennung zu verschaffen.
Jeder Antreiber besitzt zwei Seiten. Er ist für die Eigenschaften von
uns verantwortlich, die dafür sorgen, dass wir zum Beispiel im Beruf
vorankommen und die Anerkennung unserer Mitmenschen finden. Die
Kehrseite: Antreiber führen häufig zu zwanghaften Verhaltensweisen, sie
treiben uns im wahrsten Sinne des Wortes an und behindern damit unsere
Selbstfindung und die Entdeckung unserer wahren Interessen und
Absichten.
Wer den Perfektionismus-Antreiber in sich trägt, treibt stets einen
besonders hohen Aufwand, um perfekt zu sein. Gleichzeitig reagieren
solche Menschen jedoch überaus empfindlich gegenüber Kritik und sie
stellen sich ständig vor, was alles nicht gelingen kann. Dabei werden
nicht selten Katastrophenfantasien entwickelt. Wenn Sie Ihren
Perfektionismus-Antreiber neutralisieren wollen, sollten Sie sich
zunächst folgende Fragen schriftlich beantworten:
- Welche Vorteile bietet Ihnen dieser Antreiber?
- Welche Nachteile sind damit verbunden?
- Was würde sich ändern, wenn Sie auf diesen Antreiber verzichten?
- Welche Gewohnheiten müssten Sie aufgeben?
- Wo verspüren Sie Unbehagen, wenn Sie daran denken, künftig ohne diesen
Antreiber zu leben?
Geben Sie sich jetzt innerlich die Erlaubnis, auf Ihren
Perfektionismus-Antreiber zu verzichten. Ersetzen Sie: „Sei perfekt!“
durch die Formulierung
„Ich bin gut genug, so wie ich bin. Ich darf Fehler machen und daraus lernen!“
Sprechen Sie diesen Erlaubnissatz („Erlauber“) mehrfach laut aus. Wiederholen Sie die Formulierung, falls Sie beim ersten Mal noch Widerstände verspürten und der Satz für Sie noch nicht so richtig glaubhaft geklungen hat.
Perfekt oder gut?
In der Regel gilt: Gut reicht völlig! Ab einem gewissen Punkt stehen
weder der Aufwand an Kosten, noch der an Zeit in einem vernünftigen
Verhältnis zu einem angestrebten möglichst perfekten Ergebnis.
Orientieren Sie sich am GSP (Gut statt perfekt)-Prinzip und halten Sie
sich nicht mit Feinheiten auf, die in keinem vernünftigen Verhältnis zum
Ergebnis stehen.
Die Note „gut“ bekommen Sie zum Beispiel auf der Sechser-Notenskala mit
80 Prozent der erreichbaren Punkte einer Prüfung (6 – 5 x 8/100 = 2,0).
Um etwas „gut“, also zu 80 Prozent zu erledigen, brauchen Sie z.B. 30
Minuten, um es nahezu perfekt hinter sich zu bringen, benötigen Sie
erfahrungsgemäß mindestens die doppelte Zeit.
Wie immer gibt es natürlich auch hier Ausnahmen. Grundsätzlich kommt es
auf die richtige Dosierung an. Zu wenig Perfektionismus führt schnell zu
Nachlässigkeit und Schlampigkeit, zu viel davon macht schlussendlich
krank.
Es gibt allerdings auch Berufsgruppen, die zwangsläufig einen „gesunden“
Perfektionismus an den Tag legen müssen.
Von Chirurgen und Piloten zum Beispiel erwarten wir zu Recht ein hohes
Maß an Perfektion.
Schärfen Sie Ihr Bewusstsein gegenüber Perfektionismus-Fallen und achten
Sie auf Perfektionismus-Fallen, die sich im „normalen“ Alltag umgehen
lassen:
Überpünktlich sein
Pünktlichkeit wird im menschlichen Miteinander zu Recht erwartet.
Vielleicht kann Ihnen diesbezüglich eine Maxime des Ravensburger
Industriellen Otto Julius Maier eine Richtschnur sein: „Fünf Minuten vor
der Zeit, ist des Maiers Pünktlichkeit“.
Zu viel Ordnung halten
Übertriebener „Ordnungssinn“ (z.B. stundenlanges und häufiges
Aufräumen) ist ein Zeitfresser und kann ein Hinweis auf zwanghaftes
(obsessives) Denken und Verhalten (Kontrollzwang) sein.
Übertrieben pflichtbewusst sein
Übertriebenes Pflichtbewusstsein sieht auch dort Pflichten, wo gar keine
bestehen. Der Perfektionist glaubt, alles müsse 100-prozentig erledigt
werden – am besten von ihm selbst.
Auf Fehlerfreiheit fixiert sein
Fehler sind menschlich und machen menschlich. Nur wer nichts arbeitet
macht keine Fehler (und wer keine Fehler macht, wird befördert??).
Aber: Man muss keinen Fehler zweimal machen, die Auswahl ist ja groß
genug. Via trial and error kann man erfolgreich und nachhaltig lernen.
Mehr Leistung erbringen als erforderlich ist
Denken Sie in diesem Zusammenhang an den Spruch: „Ein gutes Pferd
springt nur so hoch, wie es gerade muss.“ In vielen Fällen können Sie
sich den „Feinschliff“ sparen. Machen Sie sich immer das
Kosten-Nutzen-Verhältnis Ihrer Arbeit klar.