Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)
F: Ich neige stark dazu, vieles persönlich zu nehmen. Was kann ich dagegen tun?
A:
Sie sind mit diesem Problem mit Sicherheit nicht allein.
Viele Menschen beziehen das Verhalten anderer häufig auf sich selber und
nehmen fast alles persönlich. Sie wittern Zurechtweisung oder Ablehnung
immer öfter auch dort, wo sie gar nicht gemeint sind.
Das hat Folgen für das Selbstwertgefühl, eine relativ
labile und leicht zu verändernde Größe im Seelenhaushalt. Wenn uns
jemand mürrisch oder abweisend begegnet, uns absichtlich ignoriert oder
unnötig scharf kritisiert, lässt uns das selten kalt.
Ablehnendes Verhalten nehmen wir fast immer persönlich, selbst wenn wir
wissen, dass es gar nichts mit uns zu tun hat . Menschen sind einfach
nicht selten überempfindlich. Das Verhalten des anderen kann jedoch 1000
Gründe haben. Niemand ist scharf darauf, kritisiert zu werden, und wer
etwas anderes behauptet, sagt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die
Wahrheit.
Jedoch: Eine Kritik muss nicht zwangsläufig kränken.
Wenn man sich seiner Leistung oder der Korrektheit seines Verhaltens
gewiss ist, kann einem die Kritik wichtige Hinweise darüber geben, was
man noch besser machen kann. Bei gegebener Selbstunsicherheit kann
Kritik allerdings das Selbstwertgefühl derart berühren, dass man sich
als Versager/Versagerin betrachtet. Kritik wird nur dann zur Kränkung,
wenn man sich dadurch unterlegen und unfähig fühlt und verletzt
reagiert. Gekränkt fühlt man sich, wenn man sich in seinem Selbstwert
angegriffen und als Person infrage gestellt erlebt. Kränkbarkeit
bedeutet, viele Ereignisse persönlich zu nehmen, sie auf sich zu
beziehen und ihnen eine entwertende Bedeutung zuzuschreiben.
Übrigens: Alles, was der andere sagt – und damit auch jede Kritik! - ist nur seine Meinung; auf die er ein grundgesetzlich garantiertes Recht hat. Das Wort „Kränkung“ kommt vom mittelhochdeutschen „krenken“ (schwächen, mindern, schädigen, zunichtemachen, plagen, erniedrigen). Damit man sich persönlich gekränkt fühlt, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: - Ein wunder Punkt, der einen verletzlich macht - Die Bereitschaft, einem anderen die Schuld für das eigene „Elend“ zuzuschieben - Die Ablehnung der Verantwortung für die eigenen Gefühle - Die Neigung „Dinge“, die einem widerfahren, persönlich gegen sich selbst gerichtet zu verarbeiten. Prüfen Sie deshalb zuerst, ob das Verhalten des anderen wirklich eine Aktion gegen Sie - bzw. eine Reaktion auf Sie - ist oder nicht.
Mehr als 2000 Jahre alt ist der Aphorismus von Epiktet:
„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere
Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“
Wir selbst – nicht andere! entscheiden demnach, ob eine
Bemerkung/Handlung/Unterlassung eines anderen uns negativ berührt oder
nicht. Eine Verletzung kommt erst zu Stande, wenn wir das, was unser
Gegenüber sagt oder tut, als verletzend und kränkend bewerten. Ein und
derselbe Kommentar beispielsweise macht uns bei einem Menschen nichts
aus, während er uns aus dem Mund eines anderen völlig aus dem
Gleichgewicht wirft. Was der andere sagt/tut/schreibt bzw. nicht
sagt/nicht tut/nicht schreibt trifft mich nur, wenn ich mich treffen
lassen will („Stock und Stein bricht mein Bein, doch Worte niemals,
nein!“).
Auch wenn der andere mich persönlich meint, bestimme ich, ob ihm das
gelingt. Den Satz: „Du hast mich gekränkt“ sollten Sie ersetzen durch:
„Ich fühle mich gekränkt, durch das, was Du gesagt/getan hast“.
Auf diese Weise vermeiden Sie Vorwürfe und Unterstellungen und
übernehmen die Verantwortung für Ihr Erleben.
Auch die Verantwortung dafür, ob sich eine andere Person abgelehnt
fühlt, muss diese Person selber tragen. Selbst wenn wir achtungsvoll mit
anderen umgehen, können wir weder vorhersehen, noch vermeiden, dass
andere sich durch unser Verhalten verletzt fühlen. Vielleicht fühlen Sie
sich angegriffen, wenn ein Bekannter grußlos an Ihnen vorbeiläuft und
Sie denken, er ist etwas Besseres und hält Sie für nicht grüßenswert.
Menschen, die viel persönlich nehmen, haben eine ganz bestimmte Art, die
Ereignisse um sie herum zu bewerten. Sie laufen gleichsam mit der
Befürchtung durchs Leben, dass andere sie ablehnen, schlecht über sie
denken, sie missachten oder ihnen weh tun wollen – sie suchen geradezu
nach einem vermeintlichen Angriff.
Wenn Sie von sich überzeugt sind, dass Sie o.k. sind, beziehen Sie auch
nicht mehr jede Äußerung anderer Menschen auf sich. Wenn etwas doch ganz
und gar und überhaupt nichts mit mir zu tun hat, kann ich es doch
getrost ganz und gar beim anderen lassen. Sobald man etwas persönlich
nimmt, gibt man anderen Menschen Macht über sich. Man fühlt sich
angegriffen, versucht sich zu verteidigen und meint, man müsste
irgendjemandem irgendetwas beweisen – all das muss man jedoch nicht. Wer
nichts persönlich nimmt, ist immun gegenüber Attacken anderer.
Wenn man einsieht, dass Menschen oft deshalb beleidigend sind, weil es
ihnen selbst nicht gut geht, kann man damit aufhören den Meinungen und
dem Verhalten anderer zu starkes Gewicht zu geben. Vielleicht ist der
andere gerade müde, krank, wütend auf …, geistesabwesend,
hungrig/durstig? Wenn Sie ein anderer Mensch ablehnt, ist das zunächst
eine Aussage über ihn, seine
Lebensumstände/Vorlieben/Interessen/Wünsche/Bedürfnisse.
Es ist so ähnlich, wie auf dem Wochenmarkt: Wenn jemand rote Äpfel
bevorzugt, sagt das doch nichts über die Äpfel aus, sondern nur etwas
über die Vorlieben des Käufers. Sollen sich die grünen Äpfel etwa
deshalb grämen? Auch wenn Sie sich noch so sehr bemühen, können Sie es
nicht jedem Menschen recht machen und von jedem Anerkennung bekommen.
Schulz von Thun unterscheidet vier Seiten einer Nachricht
(„Kommunikationsquadrat“):
Sachinhaltsseite, Beziehungsseite,
Selbstoffenbarungs-/Selbstkundgabeseite, Appellseite.
Der Sender sendet immer gleichzeitig auf allen vier Seiten. Entsprechend
muss natürlich auch der Empfänger imstande sein, alle vier Seiten der
Nachricht aufzunehmen. Doch in der Regel nimmt er meist nur eine Seite
der Nachricht wahr und reagiert auf diese.
Gestört ist die Kommunikation z.B. wenn der Empfänger überwiegend nur
auf einem Ohr hört und für alle anderen Botschaften, die sonst noch
ankommen, „taub“ ist. Menschen, die dazu neigen, vieles persönlich zu
nehmen, hören besonders gut auf dem Beziehungsohr: „Der hat was gegen
mich, der kann mich nicht leiden“ oder „Der will mich hier nur
bloßstellen“.
Mittel der Wahl wäre, besseres Hörenlernen auf dem Sachinhaltsohr. Der
Sachinhalt enthält Informationen über die mitzuteilenden Geschehnisse
und Dinge und beantwortet die Frage: „Wie ist der Sachverhalt zu
verstehen?“ Nehmen Sie das, was der andere sagt/tut sachlich auf.
Hören Sie gut zu und stellen Sie Fragen – ohne großes emotionales
Tamtam. Gehen Sie in eine unpersönliche Haltung, die es Ihnen
ermöglicht, sich nur auf die Sache zu konzentrieren. Es kann Ihnen egal
sein, wie viel der andere von Ihnen hält, Sie müssen vom anderen nicht
geliebt werden und Sie brauchen keine Anerkennung des anderen. Sie
wollen nur die Sache klären.
Barbara
Berckhan schlägt in diesem Zusammenhang vor, in der Vorstellung
gleichsam einen „Schutzschild“ – eine durchsichtige Scheibe aus
kugelsicherem Panzerglas – vor sich aufzubauen. Ein Schild an dem alles
abprallt, was Sie verletzen könnte. Der Schutzschild ist nichts anderes
als Ihre unpersönliche Haltung, die es Ihnen ermöglicht, Kritik rein
sachlich aufzunehmen. Wenn der andere persönlich wird, können Sie seine
Bemerkungen einfach „durchwinken“. Sie müssen sich nicht persönlich
treffen lassen.
Ich kann alles, muss aber nichts persönlich nehmen.
Wenn ich es nicht persönlich nehme, fühle ich mich nicht getroffen,
betroffen, verletzt, beleidigt, gekränkt. Denn: Das Problem hat dann der
andere.