Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)
F: Ich leide unter
ausgeprägten Selbstzweifeln. Was kann ich dagegen unternehmen?
A: Alle Menschen – besonders solche mit einem
defizitären Selbstwertgefühl (SWG) – haben einen „inneren Kritiker“,
eine innere Stimme, die ständig an ihnen herummäkelt und sie schlecht
macht.
In der Regel ist es die Stimme der Eltern oder anderer
Erziehungspersonen. Es sind ihre Zurechtweisungen und ihre Kritik, die
man verinnerlicht (internalisiert) hat.
Oft handelt es sich um einschränkende Gedankenmuster, die nichts mehr
mit der aktuellen Wirklichkeit zu tun haben. Eltern versuchen meist
grundsätzlich einen „besseren“ Menschen aus ihrem Kind zu machen und
genau das ist auch die Funktion des inneren Kritikers. Er kommentiert
und bewertet, kritisiert und beschimpft und er erzählt uns, was wir zu
tun und zu lassen haben.
„Geht nicht!“, „Klappt sowieso nicht!“ – der innere Kritiker hält uns
von Veränderungen ab und scheut das Risiko. Im Grunde genommen will er
nur ungestörte Geborgenheit ohne jede Veränderung.
Wenn Sie sich überlegen, was grundsätzlich dran ist an der Kritik und
den Bedenken, kann der Kritiker sogar als hilfreiches Korrektiv wirken.
Akzeptieren Sie Ihre innere Stimme als Teil von Ihnen selbst. Ihr
bester Freund wird es deshalb mit Sicherheit noch lange nicht.
Wenn Sie an Ihren Fähigkeiten, etwas zu sein, haben oder erreichen zu
können zweifeln, werden Sie es vermutlich auch nicht erreichen. Sie
werden ständig andere beneiden, die den Mut haben, den Sie sich
durchgängig nehmen, indem Sie an Ihren Fähigkeiten zweifeln und sich
einreden, nicht genügend begabt oder nicht gut genug zu sein.
Sie können Selbstzweifel nur überwinden, wenn Sie das tun, woran Sie
zweifeln und wenn Sie dabei erleben, dass Ihre Zweifel unbegründet
waren. Wenn Sie das üben, worin Sie unsicher sind, haben Sie die
Chance, Ihr Selbstvertrauen zu steigern und je öfter Sie erleben, dass
Ihnen etwas immer besser gelingt, um so mehr schwinden Ihre
Selbstzweifel und Ihr Selbstvertrauen wächst.
Sie können Ihr Selbstwertgefühl verbessern, wenn Sie sich auf Ihre Stärken, Erfolge, liebens- und bewundernswerten Seiten besinnen.
Allerdings:
Unspezifische Selbstbestätigungen, Selbstbejahungen
(Selbstaffirmationen) wie: „Ich bin stark!“, „Ich schaffe das!“, „Ich
bin toll!“, „Ich bin etwas Besonderes!“ bringen – bedingt durch die
große Differenz zwischen subjektiver Befindlichkeit und Wirklichkeit –
nicht viel.
Der Wert von Selbstbekräftigungen und positiven Selbstgesprächen muss
durchaus differenziert gesehen werden:
Menschen mit einem gut entwickelten, stabilen SWG fühlen sich nach
positiven Selbstgesprächen noch besser, während Menschen, die unter
ihrem geringen Selbstwertgefühl leiden, sich danach oft noch schlechter
fühlen.
Eine mögliche Begründung dafür könnte sein: Weil die Selbstaffirmationen
so extrem vom eigenen negativen Selbstbild abweichen, wird der große
Abstand zwischen dem, wie sich eine Person fühlt, und wie sie gerne wäre
besonders intensiv wahrgenommen.
Das heißt: Wer unter einem geringen SWG leidet, kommt sich nach solchen
Übungen nicht selten erst recht als Versager vor. Selbstaffirmationen
sind nur hilfreich, wenn sie auf tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten und
Eigenschaften aufbauen, handlungsorientiert sind und sich auf konkrete
Wenn-dann-Situationen beziehen.
Ein Beispiel:
„Wenn mich jemand kränkt, darf und werde ich ihm sagen, was mich
ärgert.“
Inwiefern erhöhen Anerkennung, Lob, Komplimente, Erfolge das SWG?
Ein
Selbstwertgefühl, das von Leistungen und Erfolgen abhängt, bezeichnet
man als „kontingent“ (griech. „etwas, was möglich ist“). Das
kontingente SWG hängt von der Bestätigung und Bekräftigung ab, die ein
Mensch von anderen erhält, und zwar in den Bereichen, die für sein
Selbstbewusstsein von Bedeutung sind. Einschlägige Untersuchungen
(Jennifer Crocker, University of Michigan) haben gezeigt, dass Erfolge
das SWG zwar kurzfristig erhöhen, die Wirkung ist jedoch nicht von
Dauer.
Je „kontingenter“ das Selbstwertgefühl eines Menschen ist, das heißt je
stärker es von seinen Leistungen und Erfolgen abhängt, desto größer ist
auch der Rückschlag, wenn solche Leistungen nicht mehr gelingen.
Crockers Untersuchungen haben weiterhin ergeben, dass Menschen mit einem
„kontingenten Selbstwert“ mit Akribie Situationen vermeiden, in denen
sie auch nur einen kleinen Einbruch ihrer Selbsteinschätzung befürchten
müssten.
Zusammenfassend lässt sich – wissenschaftlich belegt - feststellen, dass
weder Selbstbekräftigung, noch das Streben nach Erfolg und Anerkennung
nachhaltig wirksam gegen SWG-Defizite helfen.
Faktum ist, dass ein geringes Selbstwertgefühl Menschen dazu bringt,
nach immer weiteren Beweisen für ihren (empfundenen) geringen Selbstwert
zu suchen.
Mittel der Wahl für Veränderungen der inneren Muster des Selbstzweifels
sind Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie, zum Beispiel:
Gedankenstopp, gezielte Visualisierungen, Reframings (= ein Problem aus
einem ganz anderen Blickwinkel betrachten).
Im Grunde gibt es nur einen verlässlichen Weg zu innerer Stärke:
Selbstakzeptanz
„So bin ich – und das ist gut so!“ (Ursula Nuber)