Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen)
F:
Gibt es Möglichkeiten zur Stärkung der
eigenen Willenskraft (Volition)?
A:
Ausgeprägte Eigenschaften willensstarker Menschen sind:
Entschlossenheit, Fokusierungs- fähigkeit und Durchhaltevermögen.
Willensstarke Menschen haben eine große Umsetzungskompetenz und sie
können ggf. alles einem einzigen Ziel unterordnen. Sie üben
zieldienliche Verhaltensweisen solange ein, bis sie ihr Verhalten
automatisiert haben. Sie glauben allen Widerständen zum Trotz an ihr
Ziel und halten durch. Besonders willensstarke Menschen findet man zum
Beispiel unter Extremsportlern, Wissenschaftlern und Künstlern. Sie
konzentrieren sich oft sehr lange Zeit darauf, einen Wettkampf zu
gewinnen, eine neue Theorie zu entwickeln, ein Kunstwerk zu schaffen.
Im
Jahre 1968 führte der US-amerikanische Persönlichkeitspsychologe Walter
Mischel mit Kindern ein Experiment in Sachen Belohnungsaufschub durch.
Er stellte sie vor die Wahl: Eine kleine Belohnung jetzt, oder eine
größere Belohnung später. Wie genial dieser Test war entdeckte Mischel
erst Jahre danach. Das Experiment wurde als Marshmallow-Test
weltbekannt.
Mischel machte den vierjährigen Kindern ein verlockendes Angebot: Er gab
jedem Kind ein Marshmallow – eine vor allem in den USA beliebte
Süßigkeit aus Zuckerschaum. Die Kinder hatten die Wahl: Sie konnten den
Marshmallow entweder sofort verzehren oder warten, bis der
Versuchsleiter wiederkommen würde – dann sollten sie zur Belohnung ein
zweites Marshmallow erhalten.
Einige Kinder konnten der Versuchung nicht widerstehen und sie
„verputzten“ den Marshmallow sofort, andere warteten artig - unter
Aufbietung all ihrer physischen und psychischen Kräfte – und sie bekamen
am Ende den doppelten Lohn.
Nach etwa 14 Jahren kontaktierte Walter Mischel die ehemaligen Schüler
erneut. Dabei zeigte es sich, dass der Marshmallow-Test erstaunliche
Vorhersagekraft hatte. Die Probanden, die im Test die Disziplin
aufgebracht hatten, auf die größere Belohnung zu warten und der
Verlockung zu widerstehen, hatten zum Beispiel wesentlich bessere
Schulleistungen als ihre ungeduldigen Altersgenossen.
Noch deutlicher zeigten sich die Unterschiede zwischen den
Versuchsteilnehmern im Erwachsenenalter. Ein Forscherteam der Cornell
University kontaktierte - etwa 40 Jahre nach dem Marshmallow-Versuch
- einige (59!) der insgesamt 500 Teilnehmer von Mischels
Original-Experiment. Es wurde wiederum die Willensstärke der Teilnehmer
getestet – diesmal allerdings nicht mehr mit Süßigkeiten.
Am schlechtesten – in Sachen Willensstärke – schnitten diejenigen
Teilnehmer ab, die im Marshmallow-Test vor 40 Jahren gleich die erste
Süßigkeit verzehrt hatten, anstatt auf die zweite zu warten.
Zusammenfassend kann man feststellen:
Die Willensstärke - einer Versuchung zu widerstehen - ist eine relativ
stabile Eigenschaft:
Wer schon als Kind willensstark ist, weist diese Eigenschaft auch noch
als Erwachsener auf und willensschwache Kinder verfügen auch im späteren
Leben über weniger Selbstdisziplin.
Die „Selbstbeherrschten“ hatten mehr Erfolg im Beruf, ein
ausgeprägteres Selbstbewusstsein, intaktere soziale Beziehungen und sie
waren weniger suchtanfällig. Impulskontrolle und Selbststeuerung sind –
so folgerte Mischel entscheidende Fähigkeiten für ein erfolgreiches
Leben – „egal, ob man nun Mafia-Boss werden will oder Gandhi“.
Es ist wohl so, dass die „genetische Apparatur“, eine Tendenz zu
niedriger oder hoher Willensstärke vorgibt. Andererseits hängt es jedoch
vom Einzelnen ab, die Fähigkeit zur eigenen Selbstkontrolle zu
verbessern.
Diesbezüglich aufschlussreich sind besonders jene Kinder, die im Test
verschiedene Tricks einsetzten, um die 20 Minuten
Belohnungsaufschub-Zeit zu überstehen. Sie haben gezeigt, was man tun
muss, um den inneren Schweinehund zu überlisten und ein Ziel zu
erreichen.
Die Kinder, die besonders erfolgreich waren, lenkten sich ab. Sie
machten Musik oder suchten sich eine andere Beschäftigung im Raum. Wenn
die Belohnung sichtbar war, war es für die Kinder offenbar besonders
schwer, auf den zweiten Marshmallow zu warten. Leichter taten sich die
Kinder, die sich vom Objekt der Begierde wegdrehten.
Die Testergebnisse lassen sich auf andere Lebensbereiche übertragen: Der
zweite Marshmallow kann zum Beispiel für eine angestrebte Qualifikation
oder eine Beförderung stehen, die mehr Zeit, Geduld und Arbeit erfordern
oder für einen kleineren Bauch, für den man auf Bier, Wein, Süßigkeiten,
… verzichten will. Täglich muss man sich mehrfach entscheiden, Dinge zu
tun oder sie zu lassen.
Häufig hat man die Qual der Wahl zwischen einer willentlichen
Anstrengung (bzw. einem Verzicht) und dem spontanen Impuls zu
Lustgewinn bzw. Vermeidung von Anstrengung . Aus Erfahrung wissen wir,
dass wir nicht all das schaffen, was wir uns zu tun oder zu lassen
vornehmen. Das hat auch mit dem Unterschied zwischen Motivation und
Willenskraft zu tun.
Motivation ist die Handlungsbereitschaft, Ziele zu verfolgen und Wille
ist die Kraft, unsere Absichten in die Tat umzusetzen. Unsere Motivation
ist in aller Regel größer als unsere Willenskraft.
Unsere Umgebung (Werbung, TV, Internet,…) ist mit Sicherheit nicht
ausgesprochen belohnungsaufschubfreundlich. Jedoch - positiv
ausgedrückt - leben wir in einer Welt, die für unsere Willenskraft ein
prima Trainingsfeld darstellt.
Vielleicht denken Sie - in diesem Zusammenhang - ab und an mal an ein Wort von Martin Heidegger:
„Verzicht nimmt nicht, Verzicht gibt.“
Körper-Haltung bewahrenBeeinflusst ein aufrechter Gang die Stimmung?
Erhöht er gar die Merkfähigkeit?